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Herbst-Ausflug ins Binntal – und über die Glarner Gletscher

Samstag, den 10. September:
der Sommer wird jetzt bis zu den Herbstferien verlängert

Wenn man sich wie Andi und ich zu zweit ein einsitziges Flugzeug teilt, ist es nicht einfach, miteinander zu fliegen. Mitte September schenkt uns das Wetter in diesem Herbst aber überraschend ein paar wirklich feine Alpenflugtage in Serie, welche die Schänner Streckenpiloten für verschiedene Ausflüge bis an den Mont Blanc nutzen können. Einen der letzten, den Samstag, 10. September, können wir beiden ‚Cinque-Piloten‘ aber trotz knapper Termine im Arcus T, HB-2470, gemeinsam auf einem Flug bis an den Simplonpass und mit einem spannenden Abstecher durch die (kleine) Glarner Gletscherwelt geniessen.

Mit Geduld in die Surselva
img_2395Auf dem Glarner Sommerweg kriechen wir zwischen den untersten, tiefhängenden Wolkenfetzen und der harten und bis auf 3‘000 M.ü.M. ansteigenden Glarner Geographie aus dem Sernftal knapp über das Martinsloch in die vielversprechend wirkenden Aufwinde in der Region Grap Sogn Gion über Flims. Sie tragen uns für die fortgeschrittene Jahreszeit erstaunlich zuverlässig bis hinauf an den Oberalp-Pass. Da wir uns für heute kein besonderes Streckenziel ausgedacht haben, spazieren wir gemütlich über die nördlichen Tessiner Berge ins komplett ausgeaperte Bedretto-Tal, wo wir an vereinzelten Stellen erstaunlich gute Aufwinde erwischen. Die Operationshöhe ist zwar tiefer als gewohnt, aber sie reicht aus, um über den neu eingerichteten Windpark am Nufenenpass den Kreten entlang ins Binntal zu streichen. Wo die Sonne trotz der sich ausbreitenden Wolken den Boden erreicht, entstehen aber recht zuverlässige, ruhige Aufwinde.

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Markus macht wieder den Renz-des-vaches.
Während wir gemütlich durch das Nordtessin gondeln, ist Markus von der Crone, der einige Zeit früher als wir mit seiner JS-1 gestartet ist, unterwegs bis an den untersten Zipfel des Wallis. Er nutzt diesen ‚geschenkten‘ Herbsttag für eine weite Segelflugreise westwärts bis nach Martigny, um dann in einem weiten Bogen mehr als 50 km nahezu aufwindfrei und mutig durch das thermisch praktisch inaktive Mittelland hinüber an die ersten Ausläufer des Juras zu gleiten – und diesem entlang dann nordostwärts bis nach Gösgen und zurück nach Hause zu fliegen.

Streckenfliegen ist Stimmungssache.
img_2399Davon wissen wir zu dem Zeitpunkt allerdings nichts – und lassen uns von der tiefen Wolkenbasis und den Ausbreitungen im Mittelwallis etwas zu stark beeindrucken – und weil wir der Sache zuwenig trauen, auch wieder ostwärts zurück treiben. Wir wären für einen Flug das Wallis hinunter allerdings auch etwas spät unterwegs. Auf diese Weise können wir dafür die herbstliche Schönheit des Haupt-Alpenkammes rund um den Gotthard geniessen. Die Berge sind bis weit hinauf ausgeapert, die Region um den Nufenenepass habe ich selten so ‚ausgetrocknet‘ gesehen. Auf diesen Höhen liegt um diese Zeit normalerweise wieder der erste Schnee. Dass die Jahreszeit stark fortgeschritten ist, spüren wir natürlich auch bei jedem Aufwind. Die Thermik hat Mitte Nachmittag nicht mehr die Kraft der hochstehenden Sommer-Sonne. Die sonst starken Aufwinde im Val Canaria und auf der Westseite des Lukmaniers sind eng und haben meistens nur eine kurze Lebenszeit. Wir können Sie mit engen Kreisen jeweils für eine bestimmte Zeit nutzen – aber jeder zweite Versuch ist ein Reinfall, weil das tragende Gebiet einfach zu klein ist. Mit etwas Geduld und engen Kreisen passt aber der Anflug in die höchsten Glarner Gipfel trotzdem ganz passabel.

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Der Glarner Horse-Shoe.
Mit dem frühen Entscheid, aus dem Wallis zurück nach Graubünden zu fliegen, haben wir nun Zeit für eine ausgedehnte Führung durch die kleine Welt der Glarner Gletscher. Wir machen einen Besuch bei der Planurahütte und bewundern einen der grössten Eiskessel der Alpen. Der hat zwar in den vergangenen zehn Jahren von seiner imposanten ursprünglichen Grösse einiges an Volumen eingebüsst, ist aber noch immer ein eindrücklicher Horse-Shoe. Die Südseiten des Val Russein und die Westwand des Tödi liefern ebenso zuverlässige Aufwinde wie die Krete zur Surselva beim Piz Cavardiras– damit können wir die Gletscherführung am Clariden etwas ausführlicher gestalten.

Wir lassen den gemütlichen Herbsttag mit einem langen Gleitflug bis um den Calanda und zurück nach Schänis ausklingen. Das neue Wolfsrudel am Calanda haben wir leider nicht angetroffen. Aber eigentlich ist sie herrlich, diese Klima-Erwärmung, wenn man sie so isoliert aus der Optik eines Segelfliegers betrachtet, nicht wahr?