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Der Klassiker: Achensee-Ortler.

Schwer durchschaubares Regelwerk.

Freitag, 22. April 2011. Wenn man wie ich im NSFW ein paar Punkte sammeln will, bleibt nichts anderes übrig, als relativ phantasielose Flüge in sauberer geometrischer Gleichseitigkeit ins Gelände zu legen. Am vorteilhaftesten ist es dabei, das bestmögliche Fluggebiet ohne Durchhänger auszuwählen und dann darin wie ein Formel-1-Wagen so schnell wie möglich um die Ecken zu flitzen. Das belohnt die Auswertungs-Software dann mit einem Bonus von 30% für die geometrische Form. Und wenn man auch noch schnell war, rechnet sie einen Superbonus pro Stundenkilometer über einem bestimmten Wert, ich glaube, alles was grösser als 80 km/h ist, wird belohnt. Im besten Fall holt man auf diese Weise wesentlich mehr Punkte, als wenn man beispielsweise einen langen Geradeausflug macht. Dabei sind die Chancen, in thermisch schlechteres Gebiet einfliegen zu müssen, aber ja nicht geringer.

Geometrisches Zeichnen.

Wie auch immer, der Gründonnerstag war so ein Geometrie-Tag. Wie sich am Ende zeigte, waren mit dem Achensee und Prato beim Ortler die Wendepunkte tatsächlich nicht schlecht gewählt. Weiter nach Osten bis Saalfelden / Bischofshofen wäre zwar auch gut gegangen, aber die zusätzlich geflogene Strecke hätte wie beschrieben nicht in die gewünschte geometrische Form gepasst, weil dann der zweite Wendeort irgendwo am Gardasee hätte liegen müssen. Und da war doch erheblich feuchte Luft aus Süden an die Alpen gedrückt worden und die verfügbare Zeit im April ist für solche Weitschüsse dann definitiv zu kurz. Teilweise war diese feuchte Südluft auch über unserem Fluggebiet in den Nordalpen gut sichtbar. Trübe, feuchte, aber ausreichend labile Luft war bereits in die Täler geflossen.

Für einmal ist der ‚Bisen-Mixer‘ abgestellt.

Die 10 km Südwind haben dafür an den richtigen Stellen die Thermik verstärkt. Und hat alle, die in den vergangenen Wochen in diesem sagenhaften April in der dauernden Bisen-Lee-Thermik herumgeflogen sind, von der Schüttlerei mitten über den Tälern erlöst.

Meine ‚fliegende Antiquität’ war am Gründonnerstag mit 40 lt. zusätzlichem Gewicht in den Flächen aber in Hochform. Die ASW-20-B ist mit Wasserballast ein anderes Flugzeug. Es ist auch nach zwanzig Jahren, die wir schon miteinander durch die Luft sausen, das pure Vergnügen, den einzigartig wendigen Segler durch die Gipfel und Grate zu steuern. Bei diesem Flug lag der Anteil Geradeausflug bei 77% – für mich kein schlechter Wert für einen Thermikflug mit einem 15-Meter-Flieger. Im Föhn-/ Hangflug habe ich auch schon 89% zustande bekommen, aber das ist bekanntlich eine andere Fliegerei. Und es war auch ein anderes Flugzeug (ASG-29). Wenn ich da hineinsitzen darf, muss ich den optischen Gleitwinkel einen Viertel nach oben stellen.

Der ‚Autobahn‘ entlang.

Der Flug selber führte allen bekannten Thermiklinien entlang, sozusagen habe ich einfach die Ölspur der ‚Inntal-Autobahn’ etwas verbreitert. Schwierig war eigentlich nur der Übergang aus dem Inntal mit einer eigentlich etwas tiefen Basis um die 3’100 Meter gegen den Südwind ins Vinschgau. Auch dort lag die Wolkenbasis nicht sehr hoch und der Südwind hat die Thermik etwas verschoben. Bei 3’500 Metern war definitiv fertig lustig. Die Wende konnte ich aber trotzdem vor der Ortler-Nordwand knapp über dem Gelände sogar noch im Steigen umrunden. Einen Kilometer weiter südlich wäre der Wendepunkt nicht zu holen gewesen, weil er ‚im’ Ortler gelegen hätte. Knapp aber zielführend gewählt. Mit dem leichten Rückenwind und meinem Wasserbomber war der Rückflug in heimischeres Gelände dann eine kurze Geschichte. Die ASW findet aus dem Münstertal mit 3’500 Metern tatsächlich automatisch und problemlos den Heimweg nach Schänis. Unglaublich, was in dem Segler noch heute für ein Leistungspotenzial drinsteckt.

Fazit:

Toller Flug. Tolle Steigwerte. Zuverlässige Thermik. Rassige Fliegerei. Und ein fantastischer April (ich kann mich an keinen vergleichbaren erinnern).

Hier noch der übliche Link zur Flugstrecke, allen Auf- und Abwinden im Detail.

 

Hochsommer-Verhältnisse im April

2. April 2011. Die Wetter-Situation fühlt sich heute an wie an einem stabilen Herbst-Wander- und Ballonfahrer-Tag. Ich starte ziemlich auf der frühen Seite. Im Schlepp fühlt sich die Luft an wie Wasser im Hallenbad auf drei Metern Tiefe. Total ruhig. Um die Chance für eine Absaufer zu mindern, schleppe ich etwas höher, damit ich in die Glarner Alpen gleiten kann. Absolut richtiger Entscheid. Statt zweimal auf 2’000 Meter schleppen zu müssen, kann ich mich dank meiner Ausgangshöhe einmal an den Gufelstock retten und dort sage und schreibe zwei Stunden im Hangflug parkieren. Bis irgendwann die Geschichte über die Kreten hinauf lupft.

Den Wegflug schaffe ich wie sonst klassisch für Hochsommer-Lagen. Ueber die Sernftaler Alpen ins Prättigau. Von da an sind die Verhältnisse besser. Die Aufwinde sind zwar weit auseinander, wenn es welche hat, sind sie aber eng und kräftig. Das Problem ist heute, dass die Verhältnisse stabil, dafür wegen des Schnees die Thermik in den Alpen zu wenig verbreitet und zuwenig hoch reichend ist. Dann fliegen wir halt heute nicht über, sondern durch die Gipfel.

Weit im Süden hängen hoch droben die Cumuli. Den Mut, über die Schneefelder am Ofenpass ins Vinschgau ca. 50 km weit bis dahin hinabzugleiten, bringe ich im Gegensatz zu Frigg Hauser, der ins Veltlin hinunter sticht und über den Splügen wieder zurückfliegt, jedoch nicht auf und wende am Ofenpass.

Ich schleiche zurück über die völlig ruhige Nordseite des Engadins wieder über’s Sertigtal zurück in das apere Landwassertal und von da an den braunen Flächen nach zusammen mit Roland Hürlimann bis nach Sedrun. Auch da wird der verbreitet liegende Schnee wieder zur Bremse. Wir turnen im Val Punteglias gemeinsam die Lawinenverbauungen hoch, bis es mir über den Kistenpass ins Glarnerland reicht. Roland wählt wegen ein paar fehlenden Metern den Weg aussen herum, kommt aber auch gut nach Hause.

Alle Auf- und Abwinde im Detail.