Die Segelflieger des AERO-CLUB Mülheim an der Ruhr e.V. konnten im Jahr 2019 eine Flugstrecke von insgesamt 30.000 Kilometern erfliegen. Dies entspricht einer Distanz von Mülheim nach Australien und wieder zurück – all das in den clubeigenen Segelflugzeugen, ohne Motor und nur mit der Kraft der Sonne.
Diese Gesamtstrecke setzt sich zum einen durch
kurze 50 Kilometer Flüge zusammen, die von Flugschülern zum Erwerb ihrer Lizenz
innerhalb der Ausbildung geflogen werden. Zum anderen fließen aber auch Flüge
erfahrener Vereinsmitglieder über viele hunderte Kilometer mit ein, die die
Piloten teilweise sogar über die Landesgrenzen hinausführen.
Doch wie fliegt ein Segelflugzeug ohne
Motor überhaupt so weite Strecken?
Um mit einem Segelflugzeug große Distanzen
zurückzulegen, muss der Pilot zunächst einmal warme, aufsteigende Luftmassen
finden – die sogenannte „Thermik“. In diesen Aufwinden, die unter anderem an Quellwolken
erkennbar sind, steigt der Segler. Mit der nun gewonnenen Höhe wird eine
gewisse Strecke gesegelt, bis der nächste Aufwind aufgespürt wird. Dieser
Vorgang kann sich während eines langen Fluges über hundertmal wiederholen.
Begrenzt nur durch die Tageslänge sowie die persönliche
Fitness der Segelflieger und nicht etwa durch den Spritverbrauch, wie bei einem
Motorflugzeug, sind auf diese Weise sogar Flüge über 10 Stunden möglich – gutes
Wetter vorausgesetzt.
Der weiteste Flug eines Vereinsmitgliedes im vergangenen
Jahr ging über 1.067 Kilometern in 8 Stunden und 33 Minuten. „Ein Erlebnis,
welches ich nie vergessen werde!“, berichtet der Mülheimer Pilot Andreas Scheik
(59) nach seiner Landung.
Der Streckenflug im Segelflugzeug als sportlicher Wettkampf:
Ein junger Wettbewerbspilot berichtet
Für die Niederrheinmeisterschaften im
Segelflug stellte der Mülheimer Aeroclub seinem Jugendmitglied Francis Tittgen (19)
ein einsitziges Hochleistungssegelflugzeug zur Verfügung. Aufgeteilt auf zwei
Runden mit Startflugplatz Krefeld-Egelsbach sowie Goch konnte der junge
Segelflieger innerhalb der 8 Wertungstage über 2.000 Kilometer zusammenfliegen
und landete am Ende auf Platz 4. „Sich im Segelflugzeug mit anderen Piloten sportlich
zu messen war eine spannende Erfahrung für mich!“, so Francis.
Insgesamt flogen 45 Segelflieger in drei
verschiedenen Klassen mit. Gewinnen kann derjenige, der die in der Aufgabe
festgelegte Strecke am schnellsten abfliegt. Francis ergänzt, dass er in
Zukunft auf der deutschen Qualifikationsmeisterschaft mitfliegen möchte.
Das Sommer-Fluglager in Frankreich ermöglicht
weite Streckenflüge
Die Segelflieger des AERO-CLUB Mülheim fliegen nicht nur vom Flughafen Essen/Mülheim aus. Einmal im Jahr begeben sie sich mit ihren Flugzeugen für drei Wochen auf den kleinen französischen Flugplatz Amboise-Dierre in der Nähe von Tours, um während der Sommerferien einen Lehrgang für seine Mitglieder anzubieten. Der Standort ist kein Zufall: Durch die Partnerschaft der Städte Mülheim und Tours werden seit 1963 enge Kontakte mit dem französischen Luftsportverein Les Ailes Tourangelles gepflegt. Seit 1983 findet der Lehrgang im Sommer dort regelmäßig statt und sorgt, auf Grund der guten Bedingungen, innerhalb von nur drei Wochen für die Hälfte aller Streckenflüge. Unter anderem auch deswegen, weil die Mülheimer Segelflieger wegen des internationalen Flughafen Düsseldorf in der Umgebung nicht so hoch fliegen dürfen, wie in Frankreich zwischen Loire und Cher.
Dies sind Faktoren, die auch den in der
Ausbildung vorgeschriebenen 50 Kilometer Streckenflug für die Flugschülerinnen
und Flugschüler des Aeroclubs begünstigen. So konnten im vergangenen Jahr acht Mülheimer
Flugschüler diese Teilprüfung in Frankreich absolvieren. Einer von ihnen ist
der 15-jährige Leander Jungk: „Zum ersten Mal mit einem Segelflugzeug aus der
gewohnten Flugplatzumgebung hinauszufliegen war ein ganz besonderes Gefühl.“ Während
des ersten Fluges wurde er noch von Fluglehrer Christian Schäfer (24) begleitet.
Am nächsten Tag legte Leander die Strecke im Alleinflug zurück. Christian
erklärt, dass jeder Flugschüler vorher intensiv navigatorisch und meteorologisch
eingewiesen wird. Auch eine sogenannte Außenlandung werde geübt. Da
Segelflieger nur in Abhängigkeit von der Natur Strecken zurücklegen können,
komme es hin und wieder vor, dass zum Beispiel auf Grund von fehlender Thermik
frühzeitig und noch vor Erreichen des Zielflugplatzes auf einem Feld gelandet werden
muss. Dabei handelt es sich nicht um eine Notlandung, sondern um eine
kontrollierte Außenlandung, die in der Regel ohne Schäden an Piloten, Flugzeug oder
Feld abgewickelt wird.
Der AERO-CLUB Mülheim an der Ruhr e.V. freut sich jetzt schon wieder auf die neue Segelflugsaison mit zahlreichen, schönen Flügen. Gäste, die sich den Flugbetrieb einmal aus der Nähe anschauen wollen oder mitfliegen möchten, sind stets gerne willkommen. Auch bietet der Flugverein attraktive Schnupperangebote für Interessierte im Segel- und Motorflug an.
Kontakt: AERO-CLUB Mülheim an der Ruhr e.V. – Flughafen Essen/Mülheim, Roßkothenweg 15, 45470 Mülheim an der Ruhr; www.ac-mh.de
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