Archiv der Kategorie: Motorflug-Blog

Motorflug-Berichte, Erzählungen, Urlaubsreisen und Abenteuer für kleine und grosse Jungs.

Fast 20’000 Unterschriften bei online-Petition

Die AOPA-Petition zur Verbesserung der flugmedizinischen Verwaltung im LBA hat in den letzten Wochen großen Zuspruch erhalten. Die AOPA hat bereits 18’000 Unterschriften gesammelt und sogar die markante Zielmarke von 20’000 Unterschriften ist jetzt greifbar nah. Die AOPA bittet Sie daher – falls noch nicht erfolgt – die Petition zu unterzeichnen, und auch idealerweise den Link an weitere Betroffene weiterzuleiten. Quelle: ‚AOPA Germany‚.

November-Flug im ruhigen Föhn

Am Samstag, 4. November 2017, haben wir im Motorflugzeug TB20 der Motorfluggruppe Mollis bei einem kurzen Alpenflug eine Föhnlage geniessen dürfen, die es so eigentlich gar nicht geben kann.

Aufbauender Südstau, über den Gotthard einfliessende, feuchte Kaltluft, klassische Staulage mit Wasserfall-Effekt am Hauptalpenkamm – und völlig ruhige Atmosphäre nahezu ohne Turbulenzen.

Die Eindrücke dazu finden Sie hier:

 

 

Glascockpit-Umschulung.

Die Motorfluggruppe Mollis hat den ‚Kampfwert‘ der Trinidad TB20 mit dem Einbau eines Garmin Glascockpits deutlich gesteigert. Und ich finde inzwischen offiziell auch hier wieder alle Knöpfe. Eine Menge Informationen, fein säuberlich verteilt auf vier Bildschirme – die sehen übrigens auch bei Tag so toll aus! Fast wie ein neues Flugzeug – cool – und freue mich auf die nächsten Flüge.

Berühmter Gast: Eva Wannenmacher.

Das Jahr 2017 beginnt gleich mit einem besonderen Gast und einer speziellen Aufgabe. Für das Schweizer Fernsehen moderiert Eva Wannenmacher einmal pro Woche die Sendung ‚Kulturplatz‘ – zum Jahresanfang am Mittwoch, 4. Januar 2017 für einmal aus der Luft. Beeindruckend, wie professionell und ‚auf den Punkt‘ sie trotz etwas zittriger Knie ihre textlich nicht gerade einfachen Ansagen in kurzer Zeit in die Kameras bringen konnte. Hier finden Sie die Aufzeichnung der Sendung. es war mir eine Ehre, dabei mit der HB-KPN von der Fluggruppe Mollis der ‚Chauffeur‚ gewesen zu sein! 

Tour de France au vol de moteur…

In den vergangenen Monaten bin ich öfters auf ein kleines, dünnes „Büechli“ angesprochen worden, in dem ich vor mehr als 30 Jahren unsere für damalige Verhältnisse eindrücklichen Erlebnisse auf unserer allerersten Motorflug-Reise kurz nach der amtlichen Prüfung festgehalten habe. Zusammen mit Max Rickenbacher, dem heutigen Präsidenten der Motorfluggruppe Mollis, bin ich damals in unserem Schulflugzeug, einer Cessna 152, rund um Frankreich getuckert. Das „Büechli“ gibt es heute nur noch in einigen wenigen Exemplaren, nachdrucken geht nicht, weil es die damaligen Produktions-Prozesse nicht mehr gibt. Und man das heute sowieso ganz anders – nämlich in einem Blog – macht.

Also habe ich mit dem Smartphone den damaligen Text fotografiert und über eine clevere App die aufgenommenen, seltsamen Zeichen unverändert in richtigen, lesbaren Text verwandelt. Die eine oder andere „Wechselstabenverbuchslung“ habe ich dabei vielleicht übersehen.

Die Dia-Positive, mit denen ich damals unsere Eindrücke fotografisch festgehalten habe, sind natürlich heute etwas „aus der Zeit gefallen“. Aber ein professioneller und preiswerter Dienstleister aus dem Thurgau, den ich im Internet entdeckt habe, hat aus den damals topmodernen und hochauflösenden Bildträgern die hier eingefügten Aufnahmen digitalisiert – cool – damit steht einem einwandfreien „Recycling“ des über 30jährigen Original-„Büechlis“ nichts im Wege.

Auch wenn mich aus heutiger Optik einige Verhaltensweisen milde schmunzeln lassen – damals war Manches anders. Alle Beteiligten waren unverheiratet und „voll im jugendlichen Saft“. Auch die Luftraum-Überwachung kam noch ohne GPS-Navigation aus, weil es das damals einfach nicht gab. Nicht, dass „früher alles besser…“ gewesen wäre – vieles scheint im Rückblick einfach etwas „fremd“. Allein deshalb möchte ich die damaligen Texte und Bilder im fliegerblog nochmals frisch aufwärmen und wünsche viel Vergnügen beim Nachlesen unserer „petits fugues aviatiques“.

Eine genaue Begriffserklärung der hier verwendeten Spezialbegriffe finden Sie ganz am Ende dieses Artikels – damit auch von den nichtfliegenden LeserInnen niemand unnötig ins Grübeln kommt.

Aber jetzt geht’s richtig los:

Tour de France au vol de moteur
avec deux pilotes du pays du „Schabziger“

Zwei junge Glarner Piloten erleben „La Grande Nation“ aus dem Cockpit einer Cessna 152. Eine Woche lang pilgern sie vom International-Airport zum dünnen Gras-Streifen kleiner Flugplätze – vom Badekurort für Rheumakranke in Nordfrankreich zum Tummelplatz der dünn bekleideten Badenixen an Atlantik und Mittelmeer.

Was die beiden dazwischen, über und unter den weissen Wolken am weiten Himmel Frankreichs erleben, welche Bademode im Sommer 1980 „am meisten zeigt“, wie man sich verfliegt und den richtigen Weg nach Hause doch findet, das alles lesen Sie im folgenden Bericht.

Irgendwann im harten Schweizer Winter, irgendwann auf einem wolkenverhangenen Alpenflugplatz im rauchigen Klub-Lokal, bei Bier und Wein hatte einer von uns beiden die goldige Idee, man könnte doch auch einmal – wenn man die Ausbildung zum Privatpiloten abgeschlossen habe – in den Süden fliegen. Solche Wünsche, die eigentlich zuunterst in die Schublade für verrückte Ideen gehörten, melden sich immer im dümmsten Moment. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal die Aussicht, in absehbarer Zeit den Schein in der Tasche zu haben. Trotzdem, gute Ideen setzen sich auch über längere Distanzen durch!

Charter

Wir begannen ziemlich früh mit den entsprechenden Vorbereitungen. Klar, wenn man nicht einmal ein Flugzeug hat und mit einem dieser heissgeliebten, unbegreiflicherweise teilweise gefürchteten Apparate, die noch vor 200 Jahren nicht einmal existierten, eine lange Reise tun möchte…

Nach diverser Korrespondenz mit verschiedenen Flugzeug-Vermietern quer durch die Schweiz vom Boden- bis zum Genfer See entschlossen wir uns für das überaus faire Angebot unserer heimischen Fluggruppe, die uns erstaunlicherweise ihr gepflegtes und gehütetes Flugzeug zur Verfügung stellten, obwohl wir noch nicht einmal eine Landung zustande brachten, die diesen Namen auch verdient.

Freunde

Der Aero-Club der Schweiz und ein liebenswürdiger Fliegerkamerad stellten ebenso grosszügig das Kartenmaterial gratis zur Verfügung, es konnte also losgehen.

Ach, du lieber Petrus

Üblicherweise ist jeder Weg in der Fliegerei mit kleinen, dafür umso häufigeren Hürden durchsetzt. So war es auch diesmal. An einem trüben Sonntagmorgen, viel zu früh für meine Verhältnisse (Petrus war offenbar auch noch im Bett und verschlief die Entstehung des Wetters an diesem Morgen), stand ich auf unserem Flugplatz und machte mich im Büro bereit, um vom Mann am anderen Ende des Telefons – er markierte das Meteo-Bodenpersonal, Tochtergesellschaft „Suisse“, Konzern  „Petrus“- zu hören, dass zwar Sichtflug-Bedingungen vorhanden seien, dass aber die Wolken-Untergrenze knapp über den Spitzen der Bintje-Stauden liege.

Cargo

Also. Erst real das Gepäck ausladen und bereitmachen. Ob es wohl nicht zu schwer ist? Der Umfang jedenfalls ist erschreckend. Langsam zweifle ich an der Genauigkeit unserer Waage. (Tue ich öfters, vor allem, wenn ich selber darauf stehe!) Nachdem auch dies zu meiner Zufriedenheit erledigt war, wollte ich nun das Flugzeug aus dem Hangar holen und es auftanken, wenn dann Max kam, sollte er nur noch einsteigen und das AVGAS durch den Motor treiben können.

Die Cessna – ?

Ich gucke also verstohlen durch die Tore zum Hangar, der ans Büro angehängt ist. Da steht nun unser Gletscherflieger, der Piper Super Cub mit 180 PS. Schön. Aber mit dem dürfen wir nicht. Also in den nächsten Hangar. Zu meinem völligen Erstaunen steht da eine Reims Rocket C 172 mit französischen Kennzeichen! Ob die unser Flugzeug ausgetauscht haben … und uns haben die nichts gesagt, wo wir doch so schön in die Ferien wollten… weiter hinten steht die vertraute Privatmaschine eines älteren Piloten aus Rapperswil. Auch gut. Mit dem dürfen wir auch nicht.

Ich kratze mich dort, wo der Rücken seinen anständigen Namen verliert. Damit denkt es  einfacher. Da war doch noch ein Hangar am anderen Ende der Piste. Früher kam es öfters vor, dass sie die Cessna dort platzierten. Also nichts wie los mit meiner vierrädrigen Karre. Nach der üblichen Prozedur mit dem Schlüssel betätige ich geladen vor Spannung – den Lichtschalter. Ich fahre mir über die doch müden Augen. Ist ja auch noch etwas früh heute! Augen auf, nochmal genau hinsehen. Da steht ein Flugzeug, braun wie unseres, aber da sind ja zwei Motoren dran – Mensch, die treiben Schabernack mit uns.

versteckt?

Zum ersten Mal an diesem Morgen kommt mir der Gedanke, unsere Freunde wollten uns verschaukeln. Die haben uns das Flugzeug versteckt! Na sowas! Oder dann hat etwas mit der Reservation nicht geklappt? Fast nicht möglich. Das wäre das erste Mal. Zum Trost gucke ich mir die wunderbare Zweimot an. Eindrücklich. So zwei Millionen harter Schweizer Franken auf drei Rädern. Da ist alles dran. Enteisung, Lederpolster, Instrumente wie bei der Swissair. Zum Parkieren im Hangar hat sich der glückliche Besitzer ein kleines Traktörchen angeschafft. Klar. Da reicht der Muskelschmalz natürlich nicht mehr. In Japan fabrizieren sie solche tollen Kleinigkeiten – wahrscheinlich zu kleinen Preis-Tolligkeiten.

Ungläubig verlasse ich den ungastlichen Ort und fahre etwas nachdenklich zurück ins Büro. Dann warte ich eben auf Max. Der hat sowieso immer die besten Ideen. Nach zwei Zigarettenlängen braust er mit seinem Silberpfeil an und begrüsst reich sonnengebräunt und wahnsinnig frisch für diese Zeit. Nachdem ich mich versichert habe, dass er gut geschlafen hat, unterbreite ich ihm das Neueste. Zuerst die weniger schlechte Nachricht. Das Wetter. Naja, das sieht ein Blinder mit dem Krückenstock. Da werden wir schon noch etwas warten müssen…

News

Dann die schlechtere Nachricht. Er kratzt sich auch. Aber an einem anständigeren Ort. Ausserdem sitzt er ja. Also, evtl. hat auch keine bessere Idee. Wir entschliessen uns, gemeinsam nochmals alles durchzugehen. Er zweifelt also auch schon an meinen frühmorgendlichen Fähigkeiten.

Sogar gemeinsam kommen wir zu keinem besseren Ergebnis. – Aber, war da nicht noch irgendwo eine Werkstatt? Vielleicht? Sofort sehen wir nach. Was für ein Bild! Da steht sie. Blitzblank. Also doch. So, wie wir unseren Walter Material-Koller kennen, hat er vor unseren Ferien noch die 100-Stundenkontrolle erledigt und uns erst noch den Flieger blitzsauber geputzt. Danke. Dafür und für alles andere, was er für uns getan hat.

Bald darauf ist auch das umfangreiche Gepäck von Max verladen und der Tank der Cessna läuft fast über. Der letzte „Check for departure“. Es kribbelt leicht im Magen. Ob wohl der Kaffee nicht ganz „sauber“ war, den wir noch getrunken haben?

What a feeling

Wohl nicht, dieses Gefühl habe ich fast vor jedem Start. Max schiebt den roten Hebel nach vorn, der Motor beginnt seine Tagesaufgabe mit viel Gebrüll. Der Flieger beschleunigt langsam. Wie die Menschen am frühen Morgen. Ob die Koffer etwa doch zu schwer waren? Erstaunlicherweise beginnt dann die ganze Sache auch noch zu fliegen! Wir sehen uns an. Herrlich, nicht? Über dem Pistenende geben wir uns stumm die Hand. Also doch. Es hat geklappt. Wir beginnen unsere erste Auslandsreise. Es knackt im Lautsprecher über unseren Köpfen. ,,Hotel-Bravo-Tscharlie-Yänkii-Delta, Flugfeld Linth, Hager. Guäta Morgä –  schüüni Feriä…“

Abschied

Das war eines unserer Vorstandsmitglieder, das sich nach der Kirche das Funkgerät in die Hosentasche gestopft haben muss, um uns einen netten kleinen Abschiedsgruss senden zu können… Kein Zweifel, da sind wir gemeint! So geben wir denn pflichtbewusst, wie wir nun mal sind, sofort Antwort: „Guetä“ Morgä‘. Hotel-Yänkii-Delta, VFR to France. Mir hoffed, ds Wetter werdi nuch besser. Schüüni Wuchä, uf Widerluegä„. Flott, wie sie an uns denken. Aus Angst ums Flugzeug oder doch einfach aus Sympathie? Ich denke, das Zweite. Sind ja wirklich nette Leute, uns Anfängern ihr Flugzeug zu geben. Bei anderen Fluggruppen, das wissen wir inzwischen, wäre sowas gar nicht möglich gewesen. Nochmals, DANKESCHÖN.

Cumulus Granitus

Max schaukelt die schwerbeladene Cessna rund um die Wolken herum und geht auf Kurs in Richtung Zürich. Da die Sicht beängstigend schlechte Ausmasse annimmt, melde ich mich schon vor Wangen-Lachen bei Zürich-Information. Man ist dann auch nicht so allein. Die vertraute Stimme am Funk stärkt sofort unser Selbstvertrauen. Er bestätigt mit sonorer Stimme unsere Routenwahl und schickt uns zum nächsten Meldepunkt. Zug. WAS?? Da liegt aber ein hoher Berg dazwischen. Sehr hoch. Jedenfalls sieht das aus unserer Perspektive so aus. Ausserdem liegen da die Wolken auf den Bäumen auf. Das sehe ich von hier aus. Nach dem Erlebnis von heute Morgen frage ich zur Sicherheit noch einmal. Doch. Er wiederholt sich. Zug. Nun protestiere ich etwas schüchtern und sage ihm, wir seien Sicht-Flug-Piloten, und als solche ist man den Umgang mit Wolken-Innereien, die plötzlich hart werden, nicht gewohnt. Der Controller hat ein Einsehen und gibt uns als nächsten Check-Punkt Zürich-City.

Zürich City

Nun sind wir beruhigt. Bis auf die wenigen Wölklein, die uns zwingen, 150 Meter über den in den Wellen des Zürichsees dümpelnden Segelschifflein dahinzurasen. Schon komisch. Ein anständiger Schweizer ist sich sowas eben nicht gewohnt. Max scheint weniger beeindruckt. Sollte nicht das letzte Mal an diesem Tage sein. Wegen uns zwei Ferien-Fliegern muss der gute Controller nun sicher die halbe Linien-Fliegerei von Kloten aus umdirigieren, damit wir nicht alle auf der Frontseite der Tageszeitungen landen.

Französisch

Brav brummt die Cessna mittlerweile durch das Limmattal hinunter. Super. Die ersten Sonnenstrahlen haben die Wolken etwas wegtrocknen können. Die Sicht wird entschieden besser. Somit haben wir keine grossen Sorgen mehr. Dem Rhein entlang schleichen wir Basel-Airport an. Etwas verstört lausche ich dem Platzverkehrs-Funk des International-Airport. Da ist ja das Kribbeln schon wieder. Ob der Kaffee… Schüchtern, wie ich nun mal bin, melde ich mich auf der Frequenz von Basel Tower. Schön, wie der Gute halb Französisch und etwas Englisch antwortet. Nut habe ich von dieser Mischung nur die Hälfte verstanden. Ich war ohnehin noch nie besonders frankophil. Es ist, als sässen Sie in einem New Yorker Yellow-Cab (Taxi). Dort tönt das auch so. Es knotzert und knackt, „Bvambarambram Bramtschkdkjds“. Klar verständlich gibt dann der Chauffeur bekannt, dass er verstanden hat, wohin die nächste Fuhre geht. Etwa so geht das jetzt auch zu und her. Hektik will sich meiner Sinne bemächtigen. Nut keine Aufregung. Fragen kostet ja nichts. Das zweite Mal habe ich mich bereits etwas an die seltsame Sprache gewöhnt und begreife jetzt sinngemäss, was der Mann im Glaspalast ~über der langen Piste von uns will. Bevor er den Kopf des Mikrophons abbeisst und uns nachher zu sich aufs Büro rufen will, gebe ich ihm die verlangte Quittung seiner Flugsicherungsangaben lückenlos durch. Na also.

Wir schweben mitten über der Stadt am Rheinknie. Problemlos verständigen wir uns nun mit dem Kauderwelsch-Fritz im Tower. Ebenso problemlos finden wir die einzuhaltende Route. Max legt die Cessna auf den linken Flügel und taucht auf die riesige Piste los. Fliegen ist doch etwas pyramidal Schönes. Kurz darauf rubbelt es dreimal auf dem Asphalt, wir rollen zum „Parkplatz“ – vorbei an finnischen DC-9 und den etwas kleineren Crossair-Fliegern. Der gelbe Wagen fährt auf uns zu. Keine Angst, der führt uns nicht, nein, der führt uns nur auf unseren vorgesehenen Standplatz „in front of the tower„. Wir sind uns einig. Die Landung, der Anflug, alles lief prächtig. Und erst der Service hier!

Follow Me

Während wir unsere Siebensachen für den Zoll und die Abfertigung zusammenkramen, wartet das gelbe Wägelchen neben unserem kleinen Flieger. Auf uns? Wohl kaum, das kleine Stück gehen wir doch zu Fuss. Ein freundliches Winken, und der VW aus der Steinzeit braust mit einem komischen Grinsen seines Fahrers auf und davon. Irritiert von seinem Gesichtsausdruck sehen wir uns fragend an. Wir packen unsere Mappen und marschieren drauflos. Wo bloss ist das C-Büro? Während wir hinter jeden den grösseren Hangars nachsehen gehen, wo sie hier das ominöse C-Büro versteckt haben, schwant uns, weshalb der Mann gelächelt hat. So ein Flugplatz hat eben eine stattliche Grösse. Wie die Flieger, für die er gedacht ist! Wir fragen mal bei der Feuerwehr nach. Die wissen sonst auch immer Bescheid. Lachend erklären sie uns auf Französisch, dass wir eben hätten einsteigen sollen, das Büro sei nun mal etwas weit weg – sie hätten sich eh‘ gewundert, wo wir denn hinwollten…

Ping-Pong im Tower

Wir erledigen nach einem kurzen Spaziergang durch die lachenden Stewardessen der Swissair und ihrer Direktoren im Cockpit – wie immer tiptop in Uniform – auf dem Information-Center unsere Fluganmeldung. Etwas verloren haben wir zwischen all den schönen Stewardessen in unseren alles andere als uniformen Kleidungsstücken wohl schon gewirkt. Jedenfalls haben die „arbeitenden“ Beamten nur kurz ihr Ballspiel im Büro unterbrochen, um uns sehr zuvorkommend und ebenso kompetent zu beraten. Kreuz und quer durchs Zimmer fliegt derweil der Spielball – eine Kugel aus gequetschtem Aluminium-Papier, wahrscheinlich die Reste des Znünibrotes, an uns vorbei und trifft auch ab eine der herabhängenden Hinweistafeln, die mit lautem Krachen auf dem Pult darunter protestierend niedersausen. Erstaunlich ist es nicht, wenn hier die Leute das etwas fragwürdige Image der Flieger herhaben! Wenn die mit den landenden und startenden Flugzeugen auch solcherart Ball spielen – Prost Alphütte!

Einmalllen, bitte!

Etwas nachdenklich führen wir uns vor dem endgültigen Flug ins ausländische Niemandsland nochmals ein Mittagessen zumute. Auf dem Rückweg zum Flugzeug habe ich noch schnell das Tankwägelchen bestellt. Zu unserem Entsetzen rollt da ein Truck monumentalen Ausmasses auf uns zu. Dem entsteigt ein lachender Chauffeur in einem öligen, blauen Kombi. Volltanken? Ja, nur nicht gerade Ihren ganzen Inhalt von dem Riesenlaster da…

Den eindrücklichen Vorgang des Benzin-Fliessens dem Riesenbauch des Lastwagens in den Mini-Tank unseres kleinen, dafür netten Fliegerchens haben wir dann doch noch auf Zelluloid verewigt, bevor sich der Quirl am vorderen Ende des Motors zu drehen beginnt.

Mal nach vorn, mal…

Erwartungsgemäss verirren wir uns schon wieder auf dem Labyrinth der vielen Rollwege und Pisten. Hilferufe nach dem gelben Wägelchen geistern durch mein Gehirn. Wir rollen in die falsche Richtung und ziehen unsere Köpfe beschämt ein, während wir unsere Cessna den vielen Zuschauern von der anderen Seite – als gerade eben – nochmal zeigen. Wir haben mitten auf der Taxiway-Kreuzung gewendet und rollen nun die ganze lange Strecke wieder zurück. Was die bloss jetzt denken? Wahrscheinlich wieder so ein Wirrkopf, der die Orientierung schon am Boden verliert. Sowas will fliegen. Chaoten alles!

Ohne weitere Zwischenfälle linieren wir dann auf der langen Piste auf und ich befehle dem Motor mittels Gashebel, seine Höchstleistung aufzunehmen. Der geplagte Kerl tut dies ohne Murren und reisst uns nach entsprechend langem Anlauf in den Himmel hinauf.

Wir melden uns in Basel nach dem Passieren des letzten Checkpunktes ab und versuchen, uns in der flachen und zur Abwechslung noch flacheren Gegend zu orientieren. Schwierig. Findige Köpfe aus der Luftfahrt haben das lange vor uns bemerkt. Um sich und uns die Orientierung etwas leichter zu gestalten, haben sie sogenannte Funk-Navigationshilfen erfunden, die uns den Weg zu ihnen mit einem Funk-Richt-Strahl zeigen. Wir stellen die entsprechende Frequenz ein und nach längerem Zögern legt sich die Nadel des VOR’s – so heisst das Gerät – auf einen bestimmten Kurs fest.

Zu unserem Erstaunen finden wir die Bodenstation, die uns den Weg zeigte, haargenau. Wir beginnen, diese Art der Fliegerei zu geniessen und fräsen tief über die Kornfelder und Wälder, die Seen mit den Surfern drauf, dahin, die Nadel des nächsten VOR’s ist auch schon wieder eingefahren…

Kongo?

Nach zwei Stunden Flug landen wir in Troyes-Barberey. Wir füllen den Tank der Cessna wieder randvoll und starten um ca. 10.00 Uhr in Richtung Paris – Chartres – Bagnoles de l’Orne, Diesen kleinen Platz haben wir nach eingehendem Studium zu unserem Nachtquartier erkoren.

Das Unheil nimmt seinen Lauf. Mittlerweile habe ich auf dem rechten Sitz des „Navigators“ Platz genommen, während Max die Cessna unter seinen Fittichen hat. Nach meiner Berechnung müsste in zehn Minuten eine Autobahn kommen. Kommt auch. Sofort. Das kann aber nicht sein, sage ich auf der Stelle. Oder dann haben wir unglaublich starken Rückenwind. Max lässt sich vorläufig nicht irritieren und fliegt stur geradeaus. Die Nadel des VOR’s bleibt, wo sie hingehört. Mir wird etwas unheimlich. Die richtige Autobahn kommt und kommt nicht. Ob wir etwa schon zu weit geflogen sind, und das vorhin die richtige Autobahn gewesen ist? Wir folgen einer Eisenbahn, die auf meiner Karte nach Süden führt. Aber da wollen wir ja gar nicht hin! Die Karte scheint aus dem Kongo zu stammen. Langsam, langsam. Max folgt weiterhin stur seinem Kurs, den wir ja zu zweit ausgerechnet haben. Die Autobahn kommt tatsächlich nicht. Also, da ist was faul. Rechts sehe ich eine Kathedrale, die eigentlich in der Stadt vorher hätte stehen sollen, das müsste Chartres sein. Soviele Kathedralen haben die Franzosen auch wieder nicht gebaut.

Landestopographie

Wenn das vor zehn Minuten die eingezeichnete Autobahn war, dann fliegen wir momentan völlig ins Sauerkraut hinaus, meine ich protestierend. Max kratzt sich, schaut mich lange (fragend) an und fliegt geradeaus weiter. Nach der Anzeige auf dem Instrument sind wir nun zu weit. Also zurück. Kurze Zeit später klopfen wir uns erleichtert auf die Schultern. Unser Zeitplan hat gestimmt. Nut die Französische Landestopographie hat diese Gegend am Montagmorgen um 07.00 Uhr in die Karten eingezeichnet. Daran muss man sich wohl erst etwas gewöhnen. Es klappt also doch mit den Funknavigationshilfen.

Wirt am Funk

Diese Episode hat uns in der Folge etwas vorsichtiger „von Hand“ navigieren lassen. Wir haben uns dann auch kein einziges Mal mehr vorn vorgerechneten Kurs weg entfernt. Im Gegenteil. Was wir in der Schulung gelernt haben, bewährt sich nun auf das genaueste. Wir fliegen so exakt, dass wir auf der Piste von Bagnoles direkt hätten landen können, genau in der Richtung des Asphalt-Streifens. Vorsichtshalber drehen wir über dem Platz noch eine Kurve, damit die da unten auch wissen, dass wir kommen. Am Funk antwortet nämlich nur der Wirt des Restaurants. Jedenfalls härt sich das so an. Mit ihm sollten wir heute auch noch zu tun bekommen. Die Sonne nimmt in der flachen Landschaft der Normandie ihr abendliches Bad und färbt den Himmel blutrot, überzieht diese herbe Gegend mit einem rosa Pyjama, während wir die Reifen unserer Cessna mit einem dreifachen „Blubb„, das alle kleinen Flieger verursachen, auf die Runway aufsetzen.

Wirtschaft zum fliegenden Schirm

Der Platz ist ja an und für sich recht nett, wir sind uns soweit völlig einig. Nur haben die lieben Kerle hier auf dem ganzen Platz keine einzige Hinweistafel hingestellt, aus der man ableiten könnte, wo man sein Vehikel über Nacht parkieren kann. Wir rollen also am Ende der Piste nach rechts von der Bahn, direkt aufs Hauptgebäude zu, wenn man dem mal so sagen will. Nach kurzer, diesmal weniger heftiger Diskussion sind wir uns einig, direkt vor dem Restaurant zu parkieren. Schon wegen des weiten Weges zum kühlen Bier nachher, von dem wir seit geraumer Zeit beide schon beim Gedanken daran einen feuchten Hals bekommen haben.

“Excusez, nous venons de la Suisse…”

Dummerweise hakt sich das linke Haupt-Rad in der holprigen Wiese fest. Da wir ja einen starken Motor bei uns haben, beschliessen wir, wie in solchen Fällen immer, Gas zu geben. Der Tourenzähler schnellt nach oben, rundherum fliegt meterhoch der Staub auf, begleitet vom donnernden Getöse und infernalischem Geknatter aus der Motorhaube. Au weh! Das darf ja nicht wahr sein! Ob da wir daran Schuld haben? Komisches Bild! Von der ehemaligen Gartenwirtschaft mit den gemütlichen Bierchen auf den roten Tischchen und den bunten Sonnenschirmen ist nichts mehr zu sehen. Die waren doch gerade eben noch… Mensch, Max, da haben wir doch etwas zu doll Gas gegeben! Sämtliche Besucher des Flugplatzes irren wie die Teilnehmer eines mittleren Erdbebens kreuz und quer durch die Geographie und sammeln ihre Sachen ein. Inkl. Sonnenschirme und sonstiges Inventar!

Chribeli

Au Backe, das wird ein Donnerwetter geben! Etwas kleiner als vorgeschrieben treten wir schüchtern, als ob wir hier eben so vorbeigekommen wären, zu den Leuten hin. Na, freundlich sind die Franzosen heutzutage auch nicht mehr. Ist eben alles nicht mehr wie früher! Wir werden noch kleiner, als es in unseren roten Schweizer Pässen eingetragen ist. Gestikulierend und wild rufend stiebt da einer in kurzen roten Hosen rund um sein offensichtlich neues Auto. Kein Wunder. Bei näherer Betrachtung stellen wir fest, dass er schon zwei Wochen nach dem Kauf dieses Autos einen Gewalts-„Chribel“ quer über die Motorhaube aufweist. Wie man wohl sowas anstellt? Sonst keine Beule am Wagen. Wenn der so weiterfuchtelt, haben wir auch bald eine Beule im Chassis… Sonst verstehen Max und ich auch ein bisschen Französisch. Wenn sie nicht so schnell reden wie der wilde Mann hier. Mit der Zeit linden wir aber doch heraus, was er meint. WIR hätten ihm seinen schönen neuen Wagen so verunziert. Na ja. Was will man da sagen. Mir fehlen die Worte. Nicht nur die französischen. Am besten, man fragt in solchen Fällen, ob er auch etwas trinken möchte – das Restaurant ist ja in der Zwischenzeit wieder recht und schlecht aufgebaut worden.

Nette Leute

Beim gemeinsamen kühlen Bier erholen wir uns alle wieder ein wenig. Wir zwei von unserem heutigen Monsterflug mit der kleinen Rundfliegerei ums VOR Chartres-la-Loup und der Monsieur nebenan spült seine vom Herumfuchteln aufgewirbelte Staubwolke den Hals hinunter. Meine Güte, gut weiss der nicht, dass wir sowas das erste Mal machen. Und erst noch keine vier Wochen nach der amtlichen Prüfung! Wir machen uns auf ein grösseres, öffentlich-rechtlich-juristisches Scharmützel gefasst, aber wir werden überrascht. Nachdem wir dem Guten etwas von unseren tollen Schweizer Versicherungen erzählen, die garantiert immer bezahlen, ausser bei bestimmten Schäden, verzichtet er dankend auf den damit verbundenen Formular-Krieg.

Mooooonshine…

Wir sind baff. Damit haben wir nicht gerechnet. Wenn ich mir im Nachhinein so vorstelle, wie man sich damit in der Schweiz befasst hätte, schwinden mir fast die Sinne. Ich darf gar nicht daran denken, was passiert wäre, wenn er sofortigen Schadenersatz gefordert hätte. Unsere Ferien hätten im mindestens leicht umorganisiert werden müssen. Wenn nicht gerade abgebrochen. Der Mann hier aber ärgert sich scheinbar nicht mehr. Ohne eine Adresse auf sein Verlangen deponiert zu haben, marschieren wir nach der Beschreibung eines hier fliegenden, jungen Mannes ans Ende der Piste und wühlen uns durchs Dickicht des nahen Waldes in (mutmasslicher) Richtung des Dorfes, das hier vorhanden sein soll.

Wie immer eine Stunde nach Sunset ist der Wald für solche Unterfangen bestens beleuchtet und man geniesst eine wunderschöne Aussicht auf die nähere Umgebung. Vor allem die Brenn-Nesseln. Zufällig oder auch nicht – wir finden einen begehbaren Weg entlang einer Pferdweide hinunter nach Bagnoles. So heisst der Kurort hier. Sieht auch so aus. Nach einer halben Stunde trampeln wir mitten hinein. Friedlich sitzen hier die Leute beim Nachtessen. Auffallend ist nur deren Alter. Unschätzbar. Ob die hier eine grosse Alterssiedlung haben? Und alle Ausgang? Scheinbar. Wir sind bestimmt mit 30 (dreissig} Jahren Abstand die jüngsten Gäste hier. Schade. In einem netten kleinen Hotel nisten wir uns ein und machen uns auf den Weg, um die hungrigen Bäuche endlich zum Schweigen zu bringen.

Zum Dessert Käse…

Auf das nachfolgende, opulente Mal will ich nicht näher eingehen. Beiden ist es jedenfalls noch in bester Erinnerung. Vor allem der Käse – zum Dessert. Andere Länder, andere Sitten. Gut war er jedenfalls.

Benzin ?????

Am andern Morgen machen wir uns langsam Gedanken über das weitere Vorgehen. Wenn ich reich recht entsinne, haben wir noch etwa für eine halbe Stunde Getränk für unseren durstigen Motor an Bord. Bei der Besichtigung der Karte stellen wir fest, dass zuerst einige Grundsatzfragen abgeklärt werden sollten. Als Tankstelle kommt nur ein anderer kleiner Platz hier in der Nähe in Frage. Alles andere wäre mit Segelflug verbunden. Da bin ich zwar gut, aber die Cessna…? Und ob die dann Benzin haben, ist eine andere Frage. Wahrscheinlich ist der Platz etwa wie der hier eingerichtet. Also unter der Woche weder Flugbetrieb noch Benzin. Wir machen uns auf den Weg zurück durch die Brenn-Nesseln.

Telefonatus enormus

Beim Blick aufs Flugplatz-Areal wohlet‘s mir erst mal. Die Cessna schaukelt im Wind leise vor sich bin. Alles noch da. Aber keine Menschenseele zu sehen. Nur Max. Der weiss aber auch nicht, wie man die Tanksäule in Gang bringt. Also ran ans Telefon. So lernt man schnell fremde Sprachen. Max versucht es als erster. Ich renne derweil wie ein Irrwisch rund ums Gebäude und rufe ihm so laut ich kann alle Telefon- (und Auto-) Nummern, die ich an Wänden und Türen finde, in die „Kabine“. Auch nachdem sich zweimal das Freudenhaus in Rennes meldete, macht der Gute unbeirrt weiter. Fleissig wie er ist, stellt er eine um die andere ein. (Nummern).

Lange Leitung

Wahrscheinlich haben sie die Telefongebühren nicht mehr bezahlt. „Da kommt jedes Mal das Tonband„, meint Max und hält mir den Hörer hin. Tatsächlich. Wir sind aber auch selber schuld. Wir haben gestern in der Aufregung das Benzin völlig verschwitzt. Das war aber auch eine tolle Gartenwirtschaft, gestern.

Camel…

In solchen Situationen zeigt es sich, wen man sich für die Ferien ausgesucht hat. Ich will nicht auf die Einzelheiten eingehen. Jedenfalls haben wir eineinhalb Stunden lang telefoniert. Ohne Erfolg zunächst. Aber auch ohne ein lautes Wort oder einen einzigen Vorwurf . Super. Im Gegenteil. Man sollte auch ruhig mal über sich selber lachen dürfen. Wir sitzen auf einem Treppenabsatz und rauchen erst mal eine Zigarette. Dabei hat man immer die besten Ideen. So stand das jedenfalls in der Werbung …ich gehe meilenweit für… Wenn nicht bald ein Wunder in Form eines handlichen Tankwartes hier auftaucht, gehen wir tatsächlich bald meilenweit.

Max löst das Problem. Er findet irgendwo die richtige Nummer. Göttliche Eingabe? Jedenfalls steht eine halbe Stunde später unsere C152 vollgetankt auf dem letzten Meter der Runway. Wir wollen angesichts der Bäume an andern Ende der Piste nichts verschenken.

Mont St.Michel

Das Wetter hat sich noch nicht ganz für die für uns ungünstige Meteo-Sorte entschieden. So nutzen wir das Loch über uns und machen uns auf und davon. Fünfzig Meter über die Höfe, Strassen, Flüsse und ausrangierten Eisenbahnlinien flitzen wir ans Ende der Normandie. Zum Mont St. Michel. Wir haben Glück. Kurze Zeit darauf dürfte die legendäre Felsen-Insel in den Wolken darüber verschwunden sein. Wir schleichen uns gerade noch zum Kellerfenster hinaus davon…

Sight Seeing

In einigen wilden Flugmanövern gelingen uns auch ein paar brauchbare Abzüge auf Zelluloid, bevor wir uns nach Bordeaux aufmachen. Das VOR Rouen läuft bald einmal ein. Die Navigation wird hier langsam zur Spielerei. Wir folgen genau dem Strich. Diesmal war das aber nicht besonders schlau. Plötzlich taucht neben uns, am Rande der Riesenstadt Rouen ein grosser Flugplatz auf. Mensch, das darf doch nicht wahr sein! Grosse Hektik macht sich breit im kleinen Cockpit. Karten werden aufgefaltet und versperren dem zuständigen Mann für die Steuerung die Sicht nach vorne. Im Lautsprecher herrscht Stille. Kein Wunder. Das ist ja auch nicht Platzfrequenz.

CTR Rouen

Max schraubt am Funkgerät, als wolle er die Lottozahlen ziehen. Immer noch Totenstille. Ob die über Mittag zu machen? Scheinbar. Auf der in der Zwischenzeit auf ein handliches Format zusammengedrückten ICAO-Karte stellen wir fest, dass auch hier die CTR’s bis an den Boden reichen. Au Backe! Zum Glück haben wir den Platz früh genug gesehen. Wir sind ja erst am Rande der CTR. Wir schnaufen erst mal tief auf. Sofort beginnt der Flieger zu sinken. Der Entschluss, unter die TMA abzusinken, brauchte keine lange Debatte.

Flight planning

Mir wird nun auch schlagartig klar, wie das überhaupt passieren konnte. Wir haben ausnahmsweise die Kurse anhand der Navigationskarte festgelegt. Alles den VOR entlang. Und auf dieser Karte fehlen die anderen Einträge natürlich. Zum Glück haben wir den Schaden noch rechtzeitig bemerkt. Vielleicht hätte es auch niemand gemerkt, allem Anschein nach bewegen sich ausser uns keine Flugzeuge rund um diesen Platz. Der Mann im Tower scheint auch gerade Siesta zu halten. Jedenfalls beantwortet keine Seele unsere Aufrufe, die wir in der Angst loswerden wollen.

Schilf

Item, der Platz von La-Baule ist nicht mehr allzu fern. Nahe bei der Riesenstadt wälzt sich ein breiter Strom durch ein riesiges Flussdelta. In vielen kurvenreichen Windungen strebt das Wasser träge dem Atlantik zu. Im flachen Licht, das durch die Wolken bricht, sieht alles wie flüssiges Silber aus. An eine Motorenpanne ist in diesem Schilfgebiet allerdings nicht im entferntesten zu denken… Kurz darauf pflanze ich die Cessna auf die Piste von La-Baule, einem herzigen Flugplatz direkt an den Badestränden des Atlantiks. „Bloss etwas kalt zum Baden hier“, denken wir beide gleichzeitig laut.

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Bordeaux Control

In kurzer Zeit sind unsere Bäuche und das Flugzeug wieder marschbereit. Das nächste Ziel heisst Andernos-les-Bains. Hinter sieben Beschränkungsgebieten, Kontrollzonen, ATZ’s und all der schönen Dinge mehr. Diesmal soll uns das Beinahe-Malheur vom Morgen nicht mehr passieren. Unter der kundigen Führung von Bordeaux-Control rauschen wir der Atlantik-Küste entlang nach Süden. Wie am Sonntag ist das Wetter auch hier eine absolute Pracht.

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Strandleben

Wie am Schnürchen spielt unsere Navigation nun. Auch die Funkerei wird hier wieder zum Vergnügen. Die reden wenigstens so deutlich, dass man sie sinngemäss versteht. Problemlos erhalten wir die Freigabe über dem Platz La Rochelle, der Heimat von Jacques-Yves Cousteau. Der ist allerdings ausser Sicht heute. Dafür veranstalten sie unten an den Stränden und in der schmucken Stadt ein Treffen, zu dem halb Europa eingeladen worden ist. Unzählige Surfbretter sind am Strand ausgestellt und bilden mit ihren bunten Segeln bizarre Muster, zwischen denen sich kreuz und quer braune Leiber im Sande panieren und bräunen lassen. Die Strassen sind vor lauter Autos kaum mehr auszumachen. Was bin ich in diesem Moment, wo unten alles rennt und hetzt, froh, beschaulich hier oben zu sitzen und über den Dingen zu schweben.

Checkpoint Charlie

Wir weichen nun praktisch keine hundert Meter vom Kurs ab, den wir ohne VOR, nur „von Hand“ fliegen und navigieren.

Out of Europe

Die Landschaft vor uns hat sich völlig verändert. Plötzlich sehen wir uns einem Heer von Bäumen ohne ein Anzeichen von Zivilisation – gegenüber. Wir unterfliegen gerade ein Übungsgebiet der französischen Luftwaffe. Hier ist die Luft also Jet-haltig. Irgendwann sollte dann ja auch noch der Flugplatz Andernos-les-Bains erscheinen. Tut er aber nicht.

Mogas

Kein Problem bildet heute die Auffanglinie. Der Atlantik eignet sich vorzüglich dafür. Da wir gerade den letzten Meter Europas hinter uns gelassen haben, stellen wir ernüchtert lest, dass wir entweder so genau über den Platz geflogen sind, dass wir ihn nicht sehen konnten, oder dass wir eben weit vom Kurs abgekommen sein müssen. Eher das erstere. Wir sehen uns das Treiben am Strand, der bis zu den ersten Häusern reicht, an und machen uns auf Gegenkurs davon. Bald einmal finden wir das kleine Plätzchen. Kurze Piste, denke ich mir. Noch kürzer als im Bottlang Airfield Manual. Max macht eine Pracht-Landung auf der dünnen Graspiste.

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Nach der Erfahrung von heute Morgen rollen wir erst real zur Tanksäule. Da springt auch schon einer auf uns zu. Prima, wie das klappt. Was sagt der da? Sie hätten hier kein Benzin! „Aber die Tanksäule da, sehen Sie, da steht doch eine?“ Ach so, die führt nur MOGAS. Na, damit kommt unser Motörchen aber nicht zurande. Na macht nichts, wir haben ja noch von dem köstlichen Safte.

Unter den von Insekten nur so gepflasterten Tragflächen der Cessna stellen wir unser Zelt auf. Romanciers unter Ihnen, liebe Leser, kann ich das nur empfehlen. Wirklich ein tolles Gefühl, wenn dann am andern Morgen die Sonne blutrot ihre ersten Strahlen direkt auf unser Zelt schickt, als wären wie die einzigen…

Exhibitionitis akutis

Im C-Büro heisst man uns herzlich willkommen. Duschen kann man hier auch. Es sei zwar nichts Besonderes, aber in der Hitze sicher trotzdem ein Genuss. Ich bringe diesmal ein Opfer und gehe als erster hinein. Ich dachte, wir seien in Frankreich. Den sanitarischen Einrichtungen nach zu urteilen eher in Peru oder Kolumbien. Na, macht ja nichts. Mit Seife, Schrubber und dem Schwanenhals der kuriosen Dusche räume ich erst mal die grössten Kakerlaken in den Abfluss hinunter, stelle mich auf ein klappriges Ding, das wie ein Schemel aussieht und ziehe mich aus. Der hält sogar meine 80 kg aus, ohne gleich mit lautem Stöhnen zusammenzubrechen. Die Türe, die ins Restaurant führt, konnte ich nicht ganz schliessen, der Schlüssel war verschwunden. So geht hier ab und zu jemand ein und aus und ich komme zur ersten Gratis-Vorführung meines Luxuskörpers vor versammelter Gemeinde. Also, so geht das ja nun wirklich nicht.

Ich improvisiere gern. Den langen Schrubber-Stiel klemme ich mit dem Bodenlumpen am Boden fest. Die Türfalle wickle ich darum herum. Oder war das etwa umgekehrt? Jedenfalls hätte es so sicher auch nicht besser gehalten. Also wieder unter die Dusche. Sobald die ersten köstlichen Tropfen über meinen bleichen nordeuropäischen Körper prasseln, rast eine hübsche Serviertochter an mir vorbei, flüstert etwas von „Entschuldigung – sie habe gedacht, dacht, hier sei niemand“ – und rauscht von hinnen. Schade, das wär noch was für die Skiferien gewesen.

Aussichten und Einsichten

Auf dem Weg nach draussen finde ich dann auch den Schlüssel. Prima. Ich stecke ihn ins Schloss. Damit profitiert wenigstens der gute Max nicht von meinem vorbereiteten Terrain. Für die hin und her rauschende Tür. So muss er fast abschliessen.

Abends führt uns dann der im Moment netteste Franzose mit einem klapprigen Peugeot die sechs Kilometer in die Stadt hinunter. Zufrieden recken sich bald darauf unsere von Pizza und etwa drei Bier vollgestopften Bäuche in den französischen Nachthimmel. Draussen auf der“ Promenade macht jemand Musik. Tönt ja wie irische Volksmusik?

Wir sehen uns die Sache mal genauer an. Eine Art Volkstanzgruppe, zusammengesetzt aus den Touristen hier, wippt und schaukelt in völlig fremden Tanzschritten vor uns auf und ab, vor und zurück. Max meint, das kenne er bereits, das sein ein gehüpfter.. Walzer… Er war schon mal längere Zeit in Frankreich. Da hat er mir was voraus. Ich dachte eher an gedrehten, doppelten Rittberger.

Unter den lüpfigen Klängen der Französisch-irischen Koproduktion „der Musikanten hier“ hüpfen auch ein paar junge Leute rundum. Meistens Frauen. Männer sind nun mal schüchtern. So tanzen eben sie miteinander. Aus den Augenwinkeln blitzen ab und zu freche, braune Augen in meine Richtung. Max steht zwar direkt neben mir. Fasziniert schauen wir mit atlantikweitem Sehnsuchtsblick den langen schwarzen Haaren nach, die zu einer dunklen Strandschönheit gehören. Kein Wunder, so bekommt man schon nach zwei Tagen Heimweh…

Märsche

Problemlos erledigen wir in der Folge auch noch die Navigation zurück zu unserem Zelt. Sechs Kilometer weit, auf den Flugplatz. Schliesslich laufen wir ja auch jeden Meter persönlich ab. Ganz schön weit, wenn das Bier im Bauche schäumt. Zum zweiten Mal an diesem Tage bringe ich ein Opfer und klettere via klapprigen Stuhl, Beckenrand, zerdrückten Sandalen und Bodenlumpen in die „Dusche“. Max folgt etwas später.

Wo ist das Meer?

Über den folgenden Tag lässt sich wenig Greifbares sagen. Nur eines. Das Meer war weg! Als wir mit dem Badetuch durchs Städtchen marschieren unter den verwunderten Blicken der Einheimischen, stellt Max ernüchternd fest, dass es hier kein Meer mehr gibt. Zuerst denke ich mir, das sei wieder der gleiche faule Zauber wie am Sonntagmorgen mit dem versteckten Flugzeug. Ein Blick weit gen Westen belehrt mich eines Besseren. Tatsächlich.

Wasser!

Demonstrativ legen wir uns in den Sand. Heiss hier! Max rechnet derweil die Gezeiten nach. „Wenn wir hier in der Sahara durchhalten…, so um vier Uhr sollte das Meer wieder hier sein“, meint der Gute. Leider ist es erst elf Uhr morgens und der Ozean gerade am weitesten von seinem Höchststand der Flut entfernt. Es ist schon ein Phänomen, das Wasser hat sich in der völlig flachen Bucht ca. 30 Kilometer weit entfernt. Unglaublich. Und heiss hier! Mir rinnt der Schweiss nur so den Bauch runter. In nützlicher Entfernung planschen ein paar Babies in einer flachen Pfütze. Ihnen reicht das Wasser bis zum Bauchnabel hinauf, wenn sie sich hinknien. Mir bis über die Knöchel, wenn ich mich…

oder Bier!

Sogar Max, der Sun-Freak, lässt sich von der Sonne nach zwei Stunden überzeugen (uff), dass jetzt die Zeit für ein Bier gekommen sein dürfte. Der Postkartenhandel liesse sich auf diese Weise auch gerade erledigen. Mit viel Flüssigem, teilweise Alkoholischem, bringen wir den Nachmittag über die Runden, bis die halbe Stadt mit Bade-Utensilien vorbeirast. Nichts wie los, bevor das Meer wieder weg ist!

Waauu …

Zu den heutigen Badefreuden gehört ja in unserem Jahrhundert neuerdings auch die Bademode. Das stellen wir schnell fest. In diesem Sommer ist nur eines richtig „in“. Frauen kaufen sich Einteiler. Männer dunklere Brillen. Hinter der „brüetigen“ Sonne am Atlantik rollen sie dann (die Frauen) die obere Hälfte der dünnen Stoff-Fetzen so weit herunter, bis um die Hüften nur noch ein schmaler Stoffstreifen erkennbar ist! Senkrecht nach unten führt dann ein noch schmalerer Streifen, der Mühe hat, alles festzuhalten und einzupacken.

Ich persönlich finde die ganze Sache eine tolle Erfindung. Max offenbar auch. Hinter dunklen Pilotenbrillen wandern zwei Augenpaare in die nähere Umgebung. Schade, dass wir früher in der Anatomie nicht am praktischen Modell üben konnten. Hier hätte es ein paar geeignete Übungsobjekte ausgestellt gehabt.

Bikini

Rechnet man den horrenden Verkaufspreis dieser sonst die wichtigsten strategischen Stellen verdeckenden Stoffteile auf die vorhandenen Quadrat-Zentimeter um, so entstehen Preise wie sonst für den Quadratmeter an der Zürcher Bahnhofstrasse.

Kalt duschen

Solcherart und weiter schweifen unsere Gedanken über die gebräunten Leiber hier. Vor allem die Bräunste hier sticht Max durch die verdunkelnden Sonnenbrillen-Gläser in die Augen. Was für eine Schönheit! Nicht zu beschreiben. Ein Bijou / alles vorhanden / bei der Herrlichkeit haben sie aber bei der Architektur auch nicht sparen müssen… Nähere Einzelheiten sind über uns direkt zu erfahren.

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Nachdem wir den ganzen Tag diese seelischen Qualen ausgehalten hatten, verlief der nächste Tag mit dem Flug ans Mittelmeer vergleichsweise ereignislos. Bis auf ein paar Details.

(French) Bregg …

Mit den sauber ausgefüllten Flugplänlein ausgestattet, drehen wir nach dem Start über dem gastlichen Andernos-les-Bains erst mal eine ausgiebige Runde. Lachend erinnern wir uns auf unserem Flug in die aufgehende Sonne an den Flugplatzchef dieses originellen Platzes. Den Sommer über lebt der Autoschlosser, aus Berufung, Flugplatzchef aus Überzeugung und Pilot aus Leidenschaft vom Verdienst, den er als Bäcker (!) den Winter über im Raum Paris verdient. Daneben macht er alles, was gerade so anfällt. Wasserrohrbrüche beheben. Schwangere Frauen moralisch wieder, aufpäppeln. Seinen Citroen, bei dem man nicht sicher ist, ob der Lack nun aus Farbe oder Rost besteht, ohne Sitze und Türen über den holprigen Flugplatz zu steuern. Und sich nebenbei von Kopf bis Fuss ehrlich wundern, wenn man ihm erklärt, man habe seinen Platz schon einen Monat nach der Prüfung finden können. Herrlicher Typ. Nach unserem Trinkgeld für die morgendlichen Kaffee-Gelage taut erst sein Misstrauen und anschliessend unser gefrorenes Französisch so richtig auf.

Unreadable controller

Der Flug durch eine weitere Serie Flugbeschränkungsgebiete wird nur durch die Begegnung mit einer Mirage etwas aufgelockert. Dafür gerade richtig. Erst bei zweimaligen Flügelwackeln drehen die Dinger in nächster Nähe ab. Auch unter Funk-Kontakt mit der betreffenden militärischen Verkehrsleitung. Die machen sich einen Heidenspass daraus, uns zu erschrecken. Da müssen einem ja die Haare ausgehen …

SpecialVFR

An der Mittelmeer-Küste wird die Sicht langsam mühsam. Der Boden ist gelblich ausgebrannt. Die Luft grau und dunstig. Die Wolken bilden sich sozusagen schon zwischen Propeller und Frontscheibe.

Oben rechts…

Resultat: Eine Sicht, in den Farben so üblich wie eine schlecht gebackene Lasagne. Unten gelb, oben weiss. Etwa so fühlen wir uns auch bei unserem Tiefflug über die brachliegenden Bikinis. Max wollte ja so tief drüber fliegen. Ich reklamiere erst, als wir die Bannerschlepper rechts oben im Bild haben. Die fliegen sonst schon fast durch die Kartoffeln! Auf der Höhe von Sète lässt Max meine Nerven nicht mehr flattern und die Cessna steigen. Der nächste Schock kommt bereits. Montpellier, unsere Destination, meldet: „Visibility 4’000 meters / Special-VFR-Conditions!!!“ Uff.

Stress

Ach du dickes Ei! Sowas haben wir aber noch nie gemacht! Na gut, dann verlangen wir eben einen Spezial-Anflug. Die Meldepunkte sind in dem trüben Brei schon fast nicht mehr zu erkennen. Wenn das mal gutgeht. Nach allerhand Versprechen zuhanden von Petrus, Sanktus und allen anderen mir wohlgesinnten Engeln linden wir annähernd einen dieser Meldepunkte. Montpellier scheint den Braten gerochen zu haben. Wir schrauben am Transponder. Wie beim Lotto. In kurzen Abständen fragt der Mann im Tower nach unserer Sicht auf das Flugfeld. Welches Flugfeld? Bange Sekunden treiben die Temperaturen in unserem Glaspalast in astronomische Höhen. Max beeindruckt das nicht. Mir tropft die Nase. Ob von der Hitze oder vor Angst, lässt sich heute nicht mehr sicher sagen.

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Seitenwind

Nach Bottlang-Kurs sollten wir bereits über dem Feld sein. Irgendwer hat dieses aber offenbar leicht verschoben… Der Mann am Tower und sein Gesprächspartner in der Luft werden langsam nervt‘s. Immer noch kein Platz. Irgendwann entdecken wir im gelben Brei um uns herum so etwas wie eine Piste. Wahnsinnig lang. Das muss er sein. Begeistert schreie ich unsere neueste Erkenntnis in den Äther hinaus. Weniger begeistert tönt es zurück. Wir haben Freigabe zum Landen auf der Hauptpiste. Vor einem Airbus. „You are number one!“ Schön. Wenn der uns bloss nicht überholt.

Krimi-Manieren

Schliesslich wäre er stärker und hätte schon in seinem Kofferraum für uns alle Platz. Max macht eine Seitenwind-Landung. Auch das noch. Ich platze fast vor Neid. Einwandfrei. Max ist auch bereits mit Flügeln in der Wiege gelegen. Mit quietschenden Reifen flitzen wir “ um die Kurve zum ersten Rollweg. Wie Clint Eastwood. Mein Herzschlag reduziert seine Spitzenwerte erst langsam. Nur noch etwa 150 Schläge pro Minute. Eine Hitze ist das hier!

Irrwege

Bevor wir dann die Prozedur am Zoll und mit sämtlichen französischen Polizisten über uns ergehen lassen, paffen wir erst einmal genüsslich eins unter unserer braven Cessna.

Beauties en gros

Max packt plötzlich die Koffer, als ob er mich verlassen wollte. Ach ja, wir wollten hier ja ein paar Tage bleiben. Ich bin erst mal skeptisch. Das letzte Mal haben sie mich in dieser Gegend schamlos ausgeraubt. An der bezaubernden Ankunft im Flughafen bringen wir erst mal unsere bescheidenen Wünsche an die bezaubernden Damen am Schalter. Ebenso bezaubernd bemühen sie sich um uns. Sofort fühlen wir uns zuhause. Max füllt die bezaubernden Formulärchen aus.

Strändelen …

Die Blonde besorgt uns ein feines Hotel mit Meersicht. Die Schwarze das Taxi. Prima. Nur leider haben sie schon etwas vor. Ausserdem hätte sich die Unterhaltung auf das Nötigste beschränken müssen. Wir reden fliessend Deutsch, Englisch und etwas Französisch. So verstehen sie uns auch. Schade. So was Hübsches… Nur keine krummen Touren. Sonst bekommen wir zuhause am Ende noch eine Platte voller Vorwürfe serviert.

Wir beschnuppern am Abend erst mal den Strand. Meer vorhanden. Gebräunte Knusprigkeiten ebenso. (Siehe oben, Kapitel Bademode). Unsere Gesichter lächeln nur so durch die Gegend. Wie die Leuchttürme rundum. Wenn der liebe Gott gewollt hätte, dass sich ein Mann nichts entgehen liesse, hätte er ihm einen drehbaren Hals mit Servierboy-Prinzip-Rädern gegeben. So holt man sich dagegen nur die Halskehre. Beidseits. Unglaublich, was da für tolle Sachen aus dem Meer steigen. Wir beschliessen erste Massnahmen. Ich stehe kurz darauf unter einer eiskalten Dusche. Hilft!

Der Rest der Story ist schnell erzählt. Bis zu unserer Abreise wundern wir uns über die Verschwendungssucht des Schöpfers dieser gutgebauten Schönheiten. Unsere Gesichter werden gegen Ende der Woche immer länger. Unsere jetzt noch abgehenden Postkarten tragen alle den Vermerk „X-large-Badehose nicht vergessen!“ Auch hier gibt Max oder ich gerne auf Anfrage Details bekannt. (Nicht jugendfrei).

AIS-Beamte

Auch französische AIS-Beamte haben schlechte Tage. Unserer hat heute wohl seinen schlechtesten seit zehn Jahren. Er benimmt sich hinter seinen Tischen und Telefonen wie der personifizierte Satan. Der Grund für seinen hoffentlich vorzeitigen Herzinfarkt und seine leuchtend rote Birne könnte unser Flugplan sein. Wir tun uns das erste Mal schwer mit den Formularen, ohne die auch das teuerste Flugzeug nicht mal von Hand verschoben werden darf. Das Eingeben unserer zugegeben unvollständigen Angaben in den Computer ist zirkusreif. Der Gute hackt mit seinen Wurstfingern auf den Tasten herum, dass ich damit rechne, dass das geplagte Gerät nächstens seinen Dienst in Form von davonhüpfenden Tasten und explodierendem Bildschirm quittiert. Ein Skandal. Zwischendurch brüllt er mal ins rote, dann wieder ins grüne Telefon. Abwechslungsweise brüllt er uns an. Wenn er Zeit dazu findet. Sonst ist zwar niemand hier, der ihn beschäftigt. Scheinbar hat der Arme eine böse Ehefrau. Oder Schwiegermutter. Eher beides. Oder gar keine. Dann hat er ja auch noch uns. Aber nicht mehr lange. Sobald er das erste Mal etwas Luft holt, machen wir uns aus dem Staub.

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Geneva calling

Der Flug nach Genf verläuft ohne Sorgen, ohne Probleme. Die Autobahn durch das Rhônetal ist sechsspurig verstopft. Hier findet der völkerverbindende Personalaustausch der Feriengäste aus Nord- und Südeuropa statt. An einem Samstagvormittag. Bei Grenoble melden wir uns zur Abwechslung mal bei „Geneva-Information“. Damit uns nicht langweilig wird. Alle anderen Frequenzen auf dem Weg aus dem Süden blieben stumm oder es meldete sich nur ein Tonband, aus dem zu entnehmen war, dass auf dieser Frequenz nichts zu entnehmen sei. Auch nicht eine Ausweichfrequenz. Dann eben nicht. Zu unserer vollkommenen Überraschung meldet sich der Mann aus Genf. Sternenklar. Ohne französischen Akzent. Kein Ki-Suaheli. Jubel bricht aus. Mann, tönt das gut. Könnte ein Schweizer Controller sein. Wenn er jetzt noch kochen könnte ich würde ihn sofort heiraten.

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Der Anflug auf Genf ist ein Erlebnis. Quer über die Stadt am Rhône-Knie und über die Pisten setzen wir zur Landung auf Schweizer Boden an. Auch der Befehl, einer DC-9 mittels Linkskreis den Vortritt zu gewähren, ist kein Problem. Schliesslich sind wir heute grosszügig. Wäre zwar schon ein Schauspiel, wenn wegen uns der Riesenvogel eine Ehrenrunde drehen müsste…

Bloss kommen wir dann wohl auch gratis zu einer Ehrenrunde. Ins Büro des Flugplatzchefs. Über den abzusehenden Folgen beschliessen wir, gehorsam zu sein und verscheuchen den Hauch von Schalk und Übermut im Cockpit.

Im Gegensatz zu Montpellier hilft man uns hier grosszügig beim Ausfüllen des Flight Plans. Wo denn das Flugfeld Lindt sei? Der Mann meint mit breitem Grinsen, er habe immer gedacht, das sei eine Schokolade-Fabrik. Was für ein Gegensatz zum wildgewordenen … heute Morgen. Wahrscheinlich sollte aus ihm ursprünglich ein Affe werden, doch dann gingen die Felle aus… Herzliche Grüsse trotzdem nach Montpellier. Die Töchter waren netter. Hübscher auch…

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Back home

Nicht ohne Stolz melden wir uns auf unserer, heimatlichen Platzfrequenz zur Landung. „Grüezi, we are back from France.“ Etwas wehmütig legt die Cessna das letzte Mal den Flügel auf die linke Seite und setzt kurz darauf ihre drei Räder auf heimatlichen Asphalt. Etwas nachdenklich stapfen wir darauf rund um den Flieger, den wir während der letzten Woche richtig liebgewonnen haben. So eine treue Seele. Hat uns nicht ein einziges Mal im Stich gelassen. Von uns aus hätten wir noch länger weiterfliegen können. So bis Weihnachten hätte ich das mindestens noch ausgehalten. Bloss: Wenn der liebe Gott gewollt hätte, dass der Mensch fliege – er hätte ihm mehr Geld gegeben…

Brio, nie mehr abwaschen

Als erstes nehmen wir uns vor, die Cessna „Oottell braffo, schaarliie-iiaanküü-delllltah“ gründlich zu säubern. Sie hat es verdient. Nut` schon wegen der kuriosen Aussprache, mit der, sie die französischen Controller jeweils aufgerufen haben.

Während wir den weiss-braunen Flieger, liebkosend vom Schmutz einer langen, wunderschönen Reise reinigen, stellt sich bereits das erste Publikum ein. Die Neugierigen, die mit dem Funkgerät in der Hand sehnsüchtig auf uns gewartet haben, begrüssen uns herzlich. Flott. Es gibt auch viel zu erzählen. Betrachtet man rückblickend unser, Unternehmen, so müssen wir beide sagen, dass dies jedem frischgebackenen Flieger einmal zu wünschen ist. Fliegerisch sind wir mit Siebenmeilenstiefeln weitergekommen. Menschlich habe ich persönlich einen neuen Freund gewonnen, mit dem man alles machen kann. Auch Benzin beschaffen, wo es gar keins hat. Und der Dinge mehr.

Danke

Schliesslich haben wir das ehrliche Bedürfnis, allen zu danken, die unsere Unternehmung mit viel Zuvorkommenheit ermöglicht haben. Der Fluggruppe Mollis. Walter Koller, dem Materialwart, für die tadellose Wartung des Flugzeuges und alle andere Unterstützung. Den Fluglehrern von Schänis für die Beratung bei der Routenwahl. Natürlich auch Max Meier aus Feusisberg für den Bottlang. Dem Aero-Club für die Karten (Gratis). Und zuletzt und am meisten: Max. Er hatte immer Verständnis für meine verrückten Ideen. Und macht mit dabei.

Pläne

Natürlich haben wir wieder ein paar davon in die entsprechende Schublade abgelegt. Wenn sie gut genug sind, werden auch sie sich durchsetzen. Dann werden wir uns irgendwann wieder treffen. Über den Weiten Amerikas. Oder den Gipfeln Canadas und Alaskas. Oder den Wüsten Australiens. Hoffentlich bist Du wieder dabei, Max.

Begriffs-Erklärungen:

AIS Aeronautical Information Service
Dienstleistungsstelle der Flugsicherung
ATC Air Trafic Control, Flugverkehrs-Kontrolle
AVGAS 100oktaniges, verbleites Flugbenzin
Bottlang Luftfahrt-Standardwerk mit detaillierten Anflugkarten und –Informationen von Flugplätzen
Bregg Legendärer, langjähriger Flugplatz-Chef und Fluglehrer für Generationen von Piloten auf dem Flugplatz Schänis.
Cessna 152 Altgedientes Schlachtross der Schulflugzeuge. Nicht besonders anspruchsvoll zu fliegen, kein besonders aerodynamischer Look – aber Generationen von Piloten haben darauf seit dem „Grossen Vaterländischen Krieg“ fliegen gelernt.
Check for departure Letzte Instrumenten- und Systemkontrolle unmittelbar vor dem Start
Controller Fluglotse
CTR Controlled Region
kontrollierter Luftraum direkt über einem Regional- oder Landesflughafen
Meteo Meteorologie, Wettervorhersage.
Mogas Unverbleites Autobenzin, 98 Oktan; löst seit ca. 1990 das verbleite Flugbenzin mit 100 Oktan (AVGAS) ab.
Runway Flugplatz-Piste
Special-VFR-Conditions Sonder-Bedingungen für Special-Visual-Flight-Rules (Sichtflugregeln). Reduzierte Anforderungen an die minimale Sichtweite im An- oder Abflug von Sichtflügen von und zu einem kontrollierten Flugplatz
TMA Terminal Area
kontrollierter Luftraum um grosse Flughäfen
Visibility Sichtweite
VOR visual omnidirectional radial
Instrument für die Radionavigation
Zweimot

Zweimotoriges Flugzeug

 

Dimona Motorsegler

Internationale Experten.

19.10.2013. So schnell kann das gehen… Ein Bericht im Magazin Segelfliegen über unsere seit über zehn Jahren für SchänisSoaring realisierten Marketing-Aktivitäten führt zu einer Einladung von Peter Schmid und mir als Referenten am Österreichischen Segelfliegertag und einen Monat später im dänischen Odense am Jahres-Treffen der Segelflug-Obmänner. So wird man ungewollt zum internationalen Experten.

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Mindestens nach Steyeregg fahren wir beim herrschenden Flugwetter nicht mit dem Auto sondern nutzen unsere Turbo-Dimona in Schänis. Über den für Inselbewohner ebenso obligatorischen wie sinnlosen Zoll-Aufenthalt in Altenrhein reisen wir am Freitag, den 19. Oktober unter peinlichst genauer Beachtung sämtlicher Zoll-Vorschriften ins österreichische Wels. Auch wenn wir uns innerlich beide gegen diese Verfahren wehren – der Staat siegt diesmal.

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Die Super-Dimona zaubert uns mit ihren Flugleistungen ein Lächeln ins Gesicht. Das Flugzeug steigt gut, ist handlich und man hat darin im Reiseflug bei 200 km/h das Gefühl, in einem Helikopter zu sitzen. Die grosszügige Verglasung ermöglicht eine tolle Rundsicht. Und der Benzinverbrauch ist gemessen am Durst eines ‚richtigen‘ Motorflugzeuges gering. In Wels dürfen wir die Dimona in einem architektonisch wertvollen (vor allem sehr grossen) Hangar unterstellen. Damit steht einem entspannten Wochenende nichts mehr im Wege.

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Später, nach einem ersten Rauchopfer (jaa, wir haben ‚Original Krumme‘ dabei – und die darf man hier sogar im Restaurant rauchen) geht’s mit verdankenswerter Unterstützung eines Welser Segelfliegers, der uns durch den dichten Freitagabend-Verkehr rund um Linz in die Klausur des österreichischen Segelflugtages chauffiert.

Der Anlass findet ‚etwas auf dem Land‘ statt – in der sog. ‚Bauakademie‚. Da werden keine Ziegel gebacken, sondern an zentraler Stelle wird eine ganze Branche auf einheitlichen Standard ausgebildet. Das würde dem Segelflug an der einen oder anderen Stelle bestimmt auch guttun.

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In dieser Klausur verbringen wir dann ein gemütliches Wochenende und dürfen am Samstag vor vollem Saal von unseren Erfahrungen mit den realisierten Marketing-Massnahmen bei SchänisSoaring erzählen.

Auf der Einladung finden wir neben dem weltbesten Aerodynamiker Loek Boermans, dem legendären Flugzeug-Konstrukteur Gerhard Waibel und dem Europarekordler Mathias Schunk auch unsere beiden Namen – etwas viel der Ehre, sind wir der übereinstimmenden Meinung. Aber immerhin scheint da und dort das Bewusstsein zu reifen, dass man bei der Entwicklung der letzten 20 Jahre im Segelflug ohne gezieltes Marketing das Datum eigentlich ausrechnen kann, bei dem der letzte Inhaber einer Segelflug-Lizenz das Licht löschen kann.

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Blick ins Foyer des Veranstaltungsortes während einer ‚Sitzungs-Pause‘.

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Eine der attraktiven Verkaufsförderungs-Massnahmen der österreichischen Jugend-Nationalmannschaft – eines muss man zugeben – man guckt sicher zweimal hin…

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Der Besuch der ‚Ausstellung‘ in der Einfahrt der Bau-Akademie gehört natürlich mit zum Programm. Hier sehen wir uns den neusten Wurf aus dem Hause Schleicher an, den schön gelungenen neuen und eigenstartfähigen Doppelsitzer mit dem gewohnt sperrigen Namen ASG 32 Mi.

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Begegnung mit einem etwas grösseren Bruder aus dem Hause Dassault auf dem Vorfeld Altenrheins.

Die Rückreise geht trotz des bis Mittag liegenden Nebels problemlos wie der Herflug vonstatten. Über 3’000 Fuss spüren wir den Föhn, der sich vor der anrückenden Front über den Alpen gebildet hat – und bleiben für einmal unter den Turbulenzen. Die Verzollerei macht uns ausser einem kleinen Loch im Geldbeutel wieder keine wirklichen Schwierigkeiten, weder in Wels noch in Altenrhein.

Locker ist die Motorfliegerei mit den GPS-basierten Navigationshilfen. Die Moving-Map-Software hilft, akkurat in der gewünschten Höhe und auf dem richtigen Kurs durch die Lufträume zu sausen und unterstützt den Piloten bei seiner Tätigkeit. Heute frage ich mich wie wir früher mit Karte, Kompass und Stoppuhr um die Lufträume herum fliegen konnten. Naja, damals gab’s ja auch noch nicht so viele kontrollierte Zonen. Wir teilen uns die ‚Arbeit‘ im Cockpit, einer fliegt jeweils die ganze Strecke, während der andere jeweils navigiert und den Job mit den ATC-Controllern regelt.

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Die Zollstopps (diesmal zweimal in Altenrhein) gehören zu den sinnlosesten Übungen in der Aviatik, die ich kenne. Kein Mensch interessiert sich wirklich dafür, wer da mit so einem Mini-Fliegerchen wie einreist. Ausser, man verzichtet mal aus freien Stücken auf diese Übung – da kann man sicher sein, dass die Busse schon ausgestellt ist, bevor das Burgrad auf der Piste des Heimflugplatzes zu rollen beginnt.

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Wieder daheim in Schänis. Man beachte ausser dem netten Personal auf dem Bild noch die Gepäcksituation. Kaum zu glauben – aber alles hat in den Stauraum hinter den Sitzen hineingepasst. Allerdings sind wir auch mit spartanischer Minimal-Ausrüstung gereist.

Kurz, bevor die Kaltfront aus Westen mit Niederschlägen über die Schweiz zieht, steht die Dimona im Hangar in Schänis wieder rechtzeitig im Trockenen. Und damit geht ein gemütliches Wochenende mit vielen neuen Kontakten zu Ende. Das Experten-Dasein ist nicht das schlechteste.

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Quer durch alle Schweizer Militär-Fluggebiete.

Rigi. Pilatus. Eiger. Titlis. Tödi.

31.12.2012. Den schon fast traditionellen Silvesterflug haben wir dieses Jahr mit der Familie genossen. Wenigsten mit grossen Teilen davon. Sarah und Brigitte waren auf den Schneeschuhen unterwegs bzw. mussten den Silvesterabend kulinarisch sicherstellen – und hätten ja in der HB-KPN ohnehin nicht auch noch Platz gefunden. Aber Deborah, Philippe und Alissa sind mit um die Schweizer Voralpen-Gipfel gekurvt. Den aufkommenden Föhn konnte man an den üblichen Hotspots (Urmiberg, Rigi, Brienzer Rothorn, Engelberg und Eggberge bei Altdorf) schon deutlich spüren, auch wenn wir nie über FL 85 hinauf gestiegen sind.

Kurz nach dem Start über dem Sihlsee der Blick zurück auf die Glarner Alpen.

Auf der Frequenz von ZRH-Information war allerhand Betrieb, offenbar sind wir nicht die Einzigen, welche die freien Festtage um Silvester für einen kleinen Fluggenuss nutzen. Dafür sind sämtliche militärischen Flug- und Schutzgebiete für einmal deaktiviert gewesen. Was für Platz es da plötzlich mitten in der Schweiz hat! Wir sind für einmal mitten hindurch gmotoret. Vom Rigi über Luzern zum Pilatus (Buochs, Emmen). Dann weiter über die Schrattenfluh (Hohgant) und das Brienzer Rothorn (Meiringen, Axalp) zur dunklen Eiger-Nordwand. Und von da im Direktflug über den Titlis und den Klausenpasse zurück in die Glarner Alpen. Die Kontrolle der Skilift-Besuche in Elm gehörte abschliessend natürlich ebenso dazu wie die Skitouren-Schnee-Verhältnis-Prüfung am Sunnähöreli über den Weissenbergen. Sieht alles noch sehr schön aus.

 Ich wünsche allen einen gemütlichen Silvester, einen guten Anfang im Neuen Jahr – und beste Gesundheit und alles Gute.

Herbst-Trip ‚in den Süden‘.

Rasch über die Alpen nach Locarno.
Freitag, 16.November 2012

Das Fliegerei-Entzugs-Programm musste letzten Freitag kurzfristig aktiviert werden. Andi Hefti zeigte heftige Symptome. Regelmässiges Platznehmen in einem Motorfliegerchen hilft dagegen aber noch immer am zuverlässigsten.

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Aufnahme nach dem Start auf den Flugplatz Locarno.

Flugstrecke: Mollis-Kistenpass-Lukmanier-Locarno und zurück über den San Bernardino, Thusis, Chur. Wetter: Hochdrucklage, Dunst im Tessin. Kaum Wind. Den Flugplatz Locarno sieht man dabei im Gegenlicht reichlich spät (wenn man ungefähr weiss, wo er ist). Für Aufregung sorgten nur die Fallschirm-Porter des Paracentro, die uns zu einem unerwarteten, etwas rabiaten Sinkflug über Bellinzona von 6’000 unter 2’000 Fuss zwangen. Überhaupt ein seltsamer Sport, dieses Fallschirmspringen. Ich würde nie freiwillig ein intaktes Flugzeug in der Luft verlassen – also auf jeden Fall eine ’steile Sache‘, dieses Locarno.

Fotoalbum.

Beliebter Genfer Autosalon.

Dass man mit einen einmotorigen Flugzeug gegenüber anderen Transportarten wie Eisenbahn oder Auto Vorteile auf seiner Seite hat, spricht sich herum. Jedes Jahr fliegen ein paar Gäste von Mollis in rund einer Stunde sozusagen mitten in den Genfer Automobilsalon. Die Kosten sind vergleichbar mit der Eisenbahn, die Reisezeit beträgt aber statt zehn nur zwei Stunden.

Die Navettes.

Das Propeller-Flugzeug kann man bequem auf der Norseite des Flugplatzes parkieren, um anschliessend mit einer sogenannten ‚Navette‘ (französischsprachige Version eines hochbeinigen Personentransporters mit suizidgefährdetem, verhindertem Rennfahrer am Steuer und ausnahmesweise kein Space-Shuttle) in wenigen Minuten direkt auf die Südseite des Flugplatzes und damit sehr nahe an die Palexpo-Hallen mit dem Autosalon drin zu gelangen.

Fliegerei-interne Hürden.

Wenn man die Flugvorbereitungs-Hürden (Flugplan, Slot- und PPR-Theater) auf dem schon seit Wochen ausgebuchten Concrete-Runway einmal überwunden hat und bereit ist, auf dem für einen internationalen Flughafen etwas seltsam anmutenden, aber dafür andrangsfreien Graspistchen zu landen, ist Genf weiterhin eine VFR-Reise wert. Nachdem in den vergangenen Jahren alle Kleinflugzeuge erfolgreich mit den erwähnten administrativen Hürden vertrieben werden konnten, geniesst man heute ausreichend Platz und profitiert von kurzen Wartezeiten für Start- und Landefreigaben. Weniger schön ist dagegen die offenbar unvermeidliche doppelte Zollkontrolle auf der Süd- und Nordseite des Flugplatzes. Diese stehen dem Weg zum Flugzeug leider noch immer gleich in zweifacher Ausführung im Wege. Wenn man das Pech hat, die Piloten-Lizenz im Flugzeug zu vergessen, wird die Sache dann etwas zur kleinen Odyssee.

Reiz des Motorfliegens überwiegt.

Dieses Jahr haben wir dafür von besten VFR-Wetter profitiert. Konnten zweimal völlig wetter-sorgen-frei mit Sichten von deutlich mehr als 20 km auf direktem Wege und in kürzester Zeit von Mollis nach Genf und zurück fliegen. Was zu dieser launenhaften Jahreszeit nicht jedes Jahr der Fall ist. Das übertönt die Fliegerei-internen Misstöne noch immer bei weitem. Ich freue mich schon auf den Genfer Autosalon 2013 und alle, die dort wieder mit unserer clubeigenen Trinidad hinfliegen wollen.

Herbst-Rundflug Glarner-/Urner Alpen.

Samstag, 26. November 2011

Ende November geniessen wir einen der schönen Herbsttage, chartern in Schänis eine der starken Dimonas und fliegen bei schönstem Wetter durch die Glarner- und Urner Alpen. Das Mittelland war unter dem Nebel, in den Alpen ist die Sicht dank der trockenen Luft ideal.

Deborah hat sich seit Langem gewünscht, einmal um den Tödi zu fliegen. Heute war der ideale Tag dafür.

Die TMG’s Dimona mit dem turbogeladenen Motor sind ideal für Flüge in den Alpen. Kaum ein anderes Flugzeug dieser Preisklasse steigt dermassen sicher und gut. Vom Startort Schänis aus kann man mit 75% Leistung ohne einen einzigen Kreis direkt hoch über den Tödi hinaus steigen. Superklasse!

Atlantik, Mittelmeer und Alpen – Tour de France 2011.

Unsere diesjährige Motorflug-Tour führt uns in drei Tagen um die sehenswertesten Regionen der südlichen Hälfte Frankreichs. Den Norden haben wir aus Wettergründen diesmal ausgeklammert. Das fliegerische Vergnügen war maximal, wir haben alles gesehen, was Frankreich aus der Luft ausmacht.

Zuviele Verhinderer.

Motorflug-Reiseberichte behandeln häufig als Höhepunkt den erfolgreichen Umgang mit Landegebühren, Flugplatz-Scheriffen, störrischen Zollbehörden und anderen Controllern. Fliegen kommt häufig gerade noch als Randerscheinung vor.

Daran ist etwas Grundsätzliches falsch. Ich bin seit 30 Jahren der Meinung, ich bräuchte eigentlich nur 600 Meter Beton und ein getanktes Flugzeug für eine Reise. Alles andere stört das Vergnügen. Im Laufe der Zeit habe ich mich aber etwas daran gewöhnt, keine drei Minuten geradeaus fliegen zu können, um einem irgendwie gearteten Controller (kommt von controllieren) frequenzwechselnderweise erneut zu erklären, wie viele Personen wir an Bord sind, wo ich gestartet bin und wo ich zu landen beabsichtige. Welche Art von Flugzeug ich bewege und wieweit ich denn heute damit so käme. Als ob das der Sicherheit der Fliegerei zuträglich oder zu sonstwas nütze wäre. Und als ob das nicht schon alles im Flugplan drinstand, den einer seiner Gspänli gerade zu aktivieren oder durchzulesen vergessen hat. Das Einzige, was die ständige Quasslerei verursacht, ist erheblicher temporärer Stresszuwachs. Weil man irgendeinen verlangten Meldepunkt gerade nicht auf der Karte findet. Und dazu auch noch fliegen und hinausschauen sollte. Multitasking eben. Die Folge von all diesen Flugverhinderungs-Massnahmen: manche Motorflieger getrauen sich deswegen bloss noch an einem stahlblauen Sonntagnachmittag rondomdesäntis. Schon gar nicht bei komischem Wetter. Noch weniger an einen funkgeführten, kontrollierten Platz. Noch viel weniger ins fremdsprachige Ausland. Und schon überhaupt nicht ohne Linienpilot auf dem Nebensitz in die Nähe eines internationalen Flugplatzes.

Hier das Foto-Album von Köbi:

Förderverein zu Erhaltung und Hebung des Flugvergnügens e.V. (FvzEuHdFv)
Damit ich selber nicht auch in diese Spirale gerate, die am Ende ins bürokratisch-fliegerisch-schwarze-Loch führt, machen wir jährlich einen Ausflug, der obige Elemente enthält – so bleibt man im Saft. Für schwieriges Wetter ist häufig ohne Dazutun gesorgt. Den Rest ziehen wir aber voll durch. Diesmal planen wir nach einem längeren Wetter-Check zwei Tage vor der Abreise eine Strecke, die auf der Rückseite der letzten Front quer durch alle kontrollierten Lufträume und Sperrgebiete zuerst an den Atlantik, dann im schönen Hochdruckwetter an den Pyrenäen vorbei zurück in die Region des Rhônetals oder wahlweise je nach Wetter auch Mittelmeers führt. Um von da aus der anrückenden Gewitter-Kaltfront anderntags rechtzeitig wieder in die Schweiz entwischen zu können. Also ein gut gefülltes Programm und eine ausgefeilte Strategie. Um den etwas weit entfernten Atlantik zu rechtfertigen, bauen wir einen Museumsbesuch an der Heimstätte von Latécoère und der Wasserflugzeuge in Biscarosse ein. Die volle Dekadenz also.

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Annemasse mit einmaligem Panorama-Blick auf den Mont Blanc.

‚A‘ wie ‚Andi‘ und ‚Annemasse‘.

Der FvzEuHdfv besteht dieses Jahr aus Jakob Däscher, meinem jahrelangen, leidgeprüften Fliegerspänli. Er war schon mehrmals bei diesen leicht abenteuerlichen Ausflügen dabei und ist völlig wetterfest und Kummer aller Art gewohnt. Was wir noch nicht geschafft haben, ist eine Reise in den richtigen Norden. An die Ostsee oder nach Skandinavien. Immer war das Wetter zu marginal, wie diesmal in dieser Gegend auch wieder. Aber vielleicht klappt das ein andermal. Neu im FvzEuHdfv ist dieses Jahr Andreas Hefti, ein früheres Ski-Gspänli, das ich seit 20 Jahren nicht mehr gesehen habe und der vor wenigen Jahren als Pilot in Mollis wieder auf den Radar gekommen ist.

Unspektakulär.
Die erste Etappe auf den Zollflugplatz südlich von Genf verläuft völlig unspektakulär. Ausser, dass ich das falsche Zollformular ausfülle. Jenes für Helikopter. Und für auswärtige Gäste von Mollis statt jenes für Einheimische und Flächenflieger. Sind wir natürlich beides nicht. Habe trotz einer stundenlangen Schulung vergessen, dass es verschiedene Zollformulare gibt. Aber das ist ja auch schon wieder ein halbes Jahr her. Der Flug verläuft im laufend schöner werdenden Wetter entlang der Schweizer Voralpen wirklich ereignislos, ausser, dass uns der Controller in Bern vergisst und erst auf erneutes Nachfragen explizit eine Crossing-Clearance füräbrösmelet.

Schöner Funk-Parkplatz.

Annemasse hat einen aussergewöhnlich schönen… Anflug. Im Final der Piste 12 fliegt man direkt auf den Mont Blanc im Hintergrund zu. Funkverkehr? Gibt es auch. Er beschränkt sich zur Hauptsache darauf, einen Parkplatz zuzuweisen. Dabei schwingt nach Andis Meinung bereits eine feine Prise Erotik auf einer Neben-Frequenz mit. Sein Eindruck täuscht nicht. Beim Ausfüllen der Startliste wird klar, warum er gerade bei dieser Equipe den Eingangszoll nach Frankreich machen will. Die Begründung, nachher fernab jeglicher zeitlich hinderlichen und eigentlich gefährlichen Zollvorschriften dorthin fliegen zu können, wo man wolle, wirkt beim Anblick der französischen Beauté gegenüber etwas durchsichtig.

PPL-Petflaschen-Taliban.
Für den Toast im Flugplatz-Restaurant müsste man schon nicht extra hierherfliegen. Aber wir sind froh, überhaupt etwas zwischen die Beisserchen zu bekommen. Schliesslich steht uns noch ein langer Flug an den Atlantik bevor. Wegen der Zollvorschriften seit dem 11. September verzichten wir darauf, etwas Flüssiges mitzunehmen, weil man das ja sowieso am Zoll ausleeren muss. Dafür dehydrieren wir dann fast, bis wir den Atlantik sehen… Das Problem begleitet uns auf der ganzen Reise. Es ist in meinen Augen die weitaus grössere Gefahr für die Zivilisation als ein fliegender Privatpiloten-Taliban mit Chemikalien in einer Petflasche.

Holding mit Umweg.
Wir klettern nach dem Start dem Salève entlang nach Chambéry. Unter uns breiten sich in 3’500 Fuss weisse Wattebäusche aus. ‚Broken’ sei das, sagt der nur für Piloten verständlich gemachte Wetterbericht. Schaut man aus einem flachen Winkel drauf, scheint die Dichte eher ‚overcast’. Drunter fliegen möchte ich eigentlich nur schon der heissen Temperatur im Cockpit wegen nicht. Und ambodänachä Flüge ist anspruchsvoller und strenger. Und da steht ja in der nächsten halben Stunde auch noch das Zentralmassiv im Weg. Also versuche ich, mich mit einer Controllerin in Lyon darauf zu einigen, über 5’000 Fuss ihren südlichen Luftraum queren zu dürfen. Anfangs schickt sie mich auf ein Holding. Danach immer mehr über meinen geplanten Kartenrand hinaus, durch ein Sperrgebiet direkt auf dem offenbar unbenutzten Flughafen von Grenoble. Da isch kä Tappä in der Luft oder am Boden. Mein Mäusekino, das mir laufend die aktuelle Position akkurat zeigt, eignet sich leider in der Luft nicht so für die Planung langer Strecken. Dafür weiss ich immer, wo ich bin. Immerhin. Mit den Wolken untendran wäre das ohne Mäusekino natürlich stressiger. Nach einem zehnminütigen rechtwinkligen Umweg dürfen wir dann doch noch nach Westen aufbrechen. Auf derselben kühlen Höhe von vorhin. Und 500 Füsse im kontrollierten Luftraum drin. Auch eine Flugzeug-Klima-Anlage wäre also ein sicherheitsrelevantes Ausrüstungs-Teil. Mit einem kochenden Hirn kann niemand gescheit (und tief) fliegen.

Zentralmassiv, Coquillages und Tigershrimps.
Je weiter wir nach Westen gelangen, umso mehr trocknet das aufbauende Hoch die Luftmasse ab. Die Sicht westlich des Rhônetals ist ausgezeichnet, das Zentralmassiv zeigt sich von der schönsten Seite. Ich war schon ewig nicht mehr hier. Südlich von Bordeaux schlüffemer immer näher an den Atlantik. Inzwischen kann ich sogar den sog. ‚Altitude-Preselector’ einwandfrei (also im Schlaf) bedienen. Das Instrument führt zu konstanten, angenehmen Sinkflügen und erhöht damit über lange Strecken die Reisegeschwindigkeit. Dafür bekommt niemand an Bord wegen hoher Druckunterschiede Muffensausen in den Ohren. Die Gegend wird spannender. Das Bassin d’Arcachon ist jene Region Frankreichs mit dem grössten Tidenhub. Das führt dazu, dass eine grosse Wasserfläche im Landesinneren sich fast ganz entleert, wenn Ebbe ist. Und bei Flut müsse man sehr gut zu Fuss sein, um dem ansteigenden Meer noch entwischen zu können. Das Bassin d’Arcachon ist voller Muschelzuchten. Köbi kann sich so langsam daran gewöhnen, dass es heute keine heissgeliebten Steaks (c’est quoi, des vaches? – fragen die einheimischen Kellner beim Bestellen) zum Znacht gibt, sondern black TigerShrimps, Austern, Muscheln und Co. Vielleicht trifft am ehesten noch ein Schaf seine Essenswünsche. Köbi hat jetzt schon Hunger. Ich getraue mich nicht, ihm zu sagen, wie lange das noch gehen wird. Durst haben wir auch. Aber wir halten eisern durch, obwohl wir seit längerem in einem gut gelüfteten Backofen sitzen.

Wanderdüne
.
Aquitaine Information ist sehr kompetent. Der Controller macht uns sauber, in gut verständlichem Englisch und konsequent auf aktivierte Sperrgebiete aufmerksam. Davon hat es hier in der Gegend eine unübersichtliche Menge mit noch unübersichtlicheren französischen Nummern. ‚Jaaanüüüddriifflüüüge’ auf Französisch also. Mein Mäusekino reklamiert zum Glück ebenso frühzeitig wie zuverlässig, wenn wir auf ein ‚Lima Romeo Trohntesängg Alfa’ (ist weder ein südamerikanischer Casanova noch ein italienisches Sportcoupé) und seine Kollegen nur schon zusteuern. Also dürfen wir akkurat zwischen den Sperrgebieten, dem Flughafen Bordeaux, den Militär-Basen und Radarstationen, Mirage-Tiefflugstrecken und der schönen Dinge mehr durchzielen und sind plötzlich an der Küste und über der grössten Wander-Sanddüne Europas. Zusammen mit einem cheibäschnellä Helikopter sausen wir im Tiefflug unter Tausend Fuss der einsamen Atlantikküste entlang nach Süden. Hier müsste man bei den hohen Wellen und dem zügigen Wind spitzenmässig surfen können. Vor dem letzten Sperrgebiet für heute biegen wir links ab, verabschieden uns beim netten Herrn von Aquitaine Info und wechseln kurz vor der Landung auf die Frequenz von Biscarosse – jaahaa, das ist noch in Europa… Da geht es ebenso professionell weiter. Interessant. Das ist ja eigentlich ein unbesetzter Flugplatz wie sie hier in der Gegend häufig sind.

Beau Weekend!

Wir dürfen direkt auf die Piste 09 hineinziehen. Bevor der Mann am Funk den Laden dichtmacht, fragt er noch, ob wir was bräuchten. Da hätte ich besser ‚Ja, gern – Benzin’ gesagt.

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Wenig Trafic: Biscarosse am Atlantik.

Wir packen den vollen Kofferraum unserer schönen Trinidad aus, vertreten uns die Füsse, Andi zieht sich eine Notration Nikotin ein und Köbi organisiert am Handy die letzten Reste seines Firmenjubiläums. Dann zotteln wir mit Voll-Packung Richtung Tower. Der nette Herr vom Funk ist der Chef einer staatlichen Pilotenschule und macht gerade Dienstschluss. Er organisiert uns noch eine Taxi-Telefonnummer, bevor er mit seiner Sekretärin ins Weekend entschwebt.

Da sind wir also. Etwas einsam. Im europäischen Zentrum der Wasserfliegerei. In der Heimat von Latécoère und anderen fliegerischen Legenden. Hier und jetzt ist aber gar niemand. Nix. Zu trinken. Nix Büro. Nix Landetaxen. Nix Benzin.

Nächtliche Flugplanung im homeoffice.

In Biscarosse erwartet uns ein gemütliches Hotel namens ‚La Caravelle’. Es liegt direkt an einem herrlichen Binnensee. Da wir ohne Flugzeug etwas immobil sind, essen wir auch gleich auf der Terrasse mit Seeblick. Die erwähnten Austern, Muscheln, Shrimps & Co.

Benzinplanung.
Um das volle Tagesprogramm noch abzurunden, machen wir für den morgigen Flug nach dem frühzeitigen Museumsbesuch der ‚hydroaviations’ noch die Flugplanung nach Südost-Frankreich. Entweder nach Gap oder Cannes. Köbi will Letzteres. Und wenn’s geht, der Küste entlang. Die Planerei geht dank unserem mobilen Büro mitsamt Druckerli für die stromlose Notfall-Flugplanungs-Version sehr effizient. Etwas Sörgeli macht dagegen das Finden einer Benzinquelle. In den offiziellen Unterlagen ist hier zwar ausdrücklich Avgas 100 erhältlich. Stutzig macht dagegen der Vermerk ‚Total AirCard only’. Haben wir nicht. Und ob wir am Samstag auf diesem einsamen Flugfeld jemanden finden, der sie uns leiht, ist eine zweite Frage. Bevor mir die Augen zufallen, lege ich mir schon mal ein paar Backups zurecht. Wir haben noch für etwas mehr als eine Stunde Flugzeit Benzin in den Flächen. Damit würden wir auch einen grösseren Flugplatz in der Region erreichen. Aber ob sich da nicht am Ende eine ähnliche Ausgangslage zeigt? Nur dann ohne die bis dahin verbrauchten 80 Liter Benzin in den Flächen…

Zuerst Pech mit einem Museum.
Anderntags stehen wir früh auf der Frühstücks-Terrasse. Und kurz danach vor geschlossenen Türen des Wasserflugzeug-Museums. So ein Käse. Hat nur im Juli und August täglich ganztags geöffnet. Ab September nur nachmittags. War im Internet so nicht formuliert, hilft aber jetzt auch nicht. Wir drehen unverrichteter Dinge von den Dorniers & Co. auf dem Absatz um und fahren mit dem Taxi zurück zum Flugfeld Biscarosse. Ein einsamer Streifen von 1’000 Meter Beton und zwei Tankstellen erwartet uns. Sonst nichts. Vorläufig wenigstens.

Benzinoase.
Wir durchkämmen jede Ecke nach vorhandenen Menschen. Mit oder ohne Benzinkarte. Erfolglos. Da beginnt ein ULM-Flugzeugfloh Runden zu drehen. Sieht nach Ausbildungsflügen aus. Ich krame mein Handfunkgerät hervor und frage die Ultraleichten nach einer Chance, hier Benzin tanken zu können. „Naturellement – c’est facile. À la station d’essence, il y a une numéro de téléphone d’une personne qui habite à la commune des pilotes…» Na, da hoffen wir mal, dass die Person am Samstagmorgen zuhause in der hiesigen Siedlung für Menschen mit eigenem Flugzeug, eigener Villa und eigenem Hangar ist, auf Anrufe Benzinsuchender wartet und standby mit seiner Total AirCard in der Haustür steht. Wird vermutlich nicht ganz einfach. Ich durchsuche mal die grosszügige und saubere Benzinstation. Ausser einer ganzen Menge von Total AirCards an einer Kette hängt da gar keine Telefonnummer in Sichtweite. Da ruft mich der ultraleichte Fluglehrer wieder am Funk auf und weist mich darauf hin, dass eine andere Benzinstation gemeint gewesen sei. Jene, wo ich stünde, gehöre zur Fliegerschule. Die hat nur Montag bis Freitag offen. Prima. Dann wandere ich sofort zur anderen Benzinstation. Wir halten jeden Grashalm fest.

Dann Glück mit einem privaten Museum.
Andreas und Köbi packen schon mal die Trinidad voll, während ich ans andere Pistenende gehe. Auf dem Weg dahin treffe ich vor einem Hangar einen Gyrocopter mitsamt einem Menschen davor. Sieht kompetent aus. Er telefoniert mit einem mutigen Fluggast. Danach verweist er mich ebenfalls an die Tankstelle mit der Telefonnummer. Bei der nächsten Hangarecke ist schon richtiges Business im Gange. Eine Ultraleicht-Flugschule mitsamt modernem, blitzsauberem Büro und Sekretärin organisiert ebenfalls gerade Passagierflüge. Hat aber aus Versicherungsgründen auch keine Total AirCard vorig. Auch nicht leihweise. Auch nicht gegen Cash. Hmmhh. Schwierig.

Jeff.
Bevor ich die richtige Tanksäule erreiche, stürchle ich über Jeff. Er sieht schon auf den ersten Blick extrem kompetent aus. Sein kleiner Polizeihund auch. Jeff ist Walliser und besitzt hier ein Grundstück. Und einen grossen Hangar. Mit allerhand altem, interessantem Fluggerät drin. Mehrere Stampes. Eine Boeing Stearman. Eine Cirrus. Eine Cessna 182. Und einen historischen Traktor mit ähnlichem Jahrgang wie die Flugzeuge, die er herumzieht. Alles in perfektem Zustand und technisch auf Vordermann. Jeff ist ein hilfsbereiter Mann. Er versucht zuerst für mich, die ihm bekannte Benzin-Telefonnummer anzurufen. Als da (habe ich nicht wirklich anders erwartet) niemand zuhause ist, sucht er den PIN-Code seiner eigenen Benzinkarte und hilft uns damit aus. Wir packen die Gelegenheit und füllen 180 Liter in die Flächen. Andi hat inzwischen die Trinidad hergetäxelet.

Oldtimer-Prominenz.
Jeff muss in der Oldtimer-Szene ein weltbekannter Mann sein. Er zeigt uns ausführlich sein privates Fliegermuseum. Offenbar restauriert und pflegt er Stampes eigenhändig und besitzt gleich ein Dutzend davon. Bei einem weltweiten Gesamtbestand von noch 60 fliegenden Exemplaren dürfte das die grösste Sammlung dieser eleganten belgischen Doppeldecker sein. Er gibt hier auch sein einmaliges technisches Wissen weiter und instruiert in seinem neu erworbenen Hangar angehende private und kommerzielle Flugzeug-Mechaniker.

Mit einem warmen Kaffee aus Jeff’s noch improvisierter Küche im Bauch entern wir die HB-KPN und machen uns auf den langen Weg ans Mittelmeer. Einerseits schade, dass das Musée des hydroaviations geschlossen war. Anderseits wäre uns möglicherweise gar nicht aufgefallen, welche Schätze hier in einem Hangar am Ufer des Atlantiks parkiert sind. Und so haben wir erst noch einen guten Grund, nochmals in einem Juli oder August herzukommen, wenn das Museum geöffnet ist.

Die erste Flugetappe führt der pfeilgeraden Atlantikküste entlang im Tiefstflug unter 1’000 Fuss bis kurz vor Biarritz. Die Region ist nur schwach besiedelt und voller endloser Pinienwälder. Die Sandstrände sehen von hier hoben einfach traumhaft aus. Hohe Wellen und ständiger, auflandiger Westwind müssen ein Surfer’s Paradise sein.

Von einer FIR zu andern.
Diese Region Frankreichs hat gleich mehrere Fluginformations-Gebiete. Nach der gestrigen, positiven Erfahrung mit Aquitaine Info starten wir dort schon gleich nach dem Start den ersten Aufruf. Niemand zu Hause. Ich warte, bis wir das angrenzende Gebiet von Biarritz Info erreichen. Anfangs sind wir vermutlich etwas gar tief und weit weg, auch niemand zu Hause. Irgendwann beginnt es dann doch am Funk französisch zu tröten und ich werde meinen Funkspruch los. Wir überfliegen inzwischen eine ziemlich dichte Wolkendecke (broken) mit einer Obergrenze von ca. 1’500 Fuss. Nicht sonderlich gemütlich, teilweise sind die Löcher selten, vor allem, wenn man flach über die Tops blickt. Navigieren ohne GPS wäre nur direkt im Tiefflug unter den Wolken möglich. Aber trotz der extrem flachen Gegend nicht wirklich sicherer.

Happiger Gegenwind nach Cannes.
Wir werden von Biarritz nach Pau, Lourdes und am Ende an Toulouse Info weitergereicht und folgen teilweise vorgegebenen VFR-Routen. Freigaben sind überhaupt kein Thema, die bekommen wir ausnahmslos und vor allem sofort. Die feuchte Luftschicht hat sich nach ca. 20 Minuten in klare, trockene Luft verwandelt. Dafür nimmt der Gegenwind erheblich zu. Das GPS zeigt teilweise einen Groundspeed von weniger als 100 Knoten an. Wir fliegen zwar schon nur mit 55% Leistung, aber so kommen wir natürlich kaum vorwärts. Je näher das Mittelmeer kommt, umso feuchter wird die Luft wieder. Diesmal aber mit einer deutlich höheren Wolken-Untergrenze. In Erwartung der Sichtflug-Tiefst-Flug-Strecken dem Mittelmeer entlang entscheiden wir uns diesmal für undädurä. Wir wollen auf dem Weg nach Cannes, auf das wir uns gestern Abend noch geeinigt haben, schliesslich keine ‚Ecken’ in die Luft fliegen.

1’800 Jahre altes les-Saintes-Maries de la Mer.
Montpellier Info lässt uns der Küste und der VFR-Route entlang auf 1’000 Fuss nach Osten fliegen. Diese Flugstrecke lohnt sich, ich bin hier nicht das erste Mal unterwegs. Ein Touristen-Hotspot reiht sich an den andern. Yachthäfen, Leuchttürme, Sandstrände, Etangs und Salzgewinnungsanlagen werden langsam aber sicher von Flamingos, frei lebenden Schimmeln und der Raffinerie von Fos-sur-Mer abgelöst. Ein sicheres Zeichen, dass wir im Tiefflug die Camarque überfliegen. Der berühmteste Ort inmitten dieser einmaligen Gegend ist Les Saintes-Maries de la Mer. Das ist ein pittoreskes Städtchen aus dem vierten Jahrhundert mit einem weltbekannten Zigeuner-Event. Hier wird die heilige Sara von den Gitanes (Fahrenden) verehrt.

Controller à gogo

Kaum erreichen wir Cap Couronne, werden wir plötzlich von einer Kontrollstelle an die nächste weitergegeben. Innert weniger Minuten wechsle ich dreimal die Frequenz. Teilweise muss ich nachfragen, bei wem ich nachfragen soll, weil ich die Station nicht verstanden habe. Der Stresspegel steigt leicht, wir sind ja in der CTR von Marseille und wollen niemandem zu nahe kommen. Auch nicht den Felsen auf der linken Seite. Die vorläufig letzte Kontrollstelle führt uns dann zu einem eher seltenen Überflug von Marseille Marignac. Das ist einer der gut frequentierten internationalen Flughäfen Frankreichs. Von links landet gerade ein Airbus A320, als wir auf 1’500 Fuss die Platzmitte Richtung Norden queren.

Kartenrand.
Über einen der östlichen Meldepunkte werden wir aus der CTR Marseilles hinausgeführt. Nun habe ich das Problem, dass meine Flugplanung erheblich durcheinander geraten ist. Mein Mäusekino zeigt unsere exakte Position und etwas Gegend drumherum. Aber eben nur etwas Gegend – für weitere Planungen ist es nicht so praktisch. Mein Papier-Karten-Ausdruck reicht gerade knapp bis dahin, wo wir sind. Eigentlich wollten wir ja den Calanques entlang südlich des Kriegshafens Toulon vorbei nach St.-Tropez fliegen. Das ist dann doch ein gutes Stück weiter südlich. Nun müssen wir mit Aix-les-Milles, einem der zahlreichen Atomkraftwerke und dem Helikopterplatz St.-Luc vorlieb nehmen. Auch gut. Hier kenne ich mich wenigstens vom Segelfliegen in Vinon her sehr gut aus, dass ich eigentlich keine Karte brauche. Wir folgen ab der gut sichtbaren Zahlstelle von Brignoles weg der Autobahn bis nach Cannes. Der Einflugpunkt dorthin ist ein kleiner Pass durch die Hügel westlich des ‚St.-Moritz-des-Mittelmeers’. Problemlos fädelt Andreas zwischen die Business-Jets im Anflug nach Cannes ein. Dann suchen wir nach der Landung als erstes nicht etwa den lang ersehnten Bier-, sondern – richtig: den Benzinhahn.

Tiefstes Afrika
Köbi und ich waren vor ein paar Jahren schon in Cannes. Deshalb ist die ‚Gastfreundschaft’ des Flughafens ein déjà-vu-Erlebnis – nur, dass sie uns diesmal nicht mehr auf dem falschen Fuss erwischt. Alle Tische im Restaurant sind leer, der Kellner und sein Koch trotzdem überlastet. Wir bekommen mit Mühe einen kleinen Tisch bei der Besenkammer. Aber gar nichts zu essen. Da wir gleich seit mehreren Stunden weder zu trinken noch zu essen hatten, sind wir reichlich hungrig und durstig. Aber nicht mal Nüssli oder Pommes Chips. haben sie in diesem elenden Ort. Selbst in Simbabwe kennt man sowas heute. Nicht so in Cannes, dem nobelsten Ort der Mittelmerrküste. Ich beobachte, wie auch beim C-Büro alle anströmenden ‚Kunden’ bzw. ‚Unterbrüche der Arbeit’ abgewimmelt werden, bloss nichts tun, ist hier die Devise. Auch unsere Landetaxe will niemand. Das könne man morgen doch vor dem Start gut erledigen. Da stellt sich dann heraus, dass ‚vergessen’ ging, die Landung im System einzutragen. Bloss gut, dass wir auch nirgends gestartet sind. Biscarosse war ja unbedient, einen Flugplan mussten wir nicht aufgeben und so hat administrativ gar kein Flug stattgefunden.Nach einem ersten Notfallbier mit knurrendem Magen flüchten wir blitzig in die Stadt. Andreas kennt ein schönes Hotel, da haben wir gerade noch das ‚letzte’ Zimmer bekommen. Würde ich auch sagen, wenn ich ein Hotel hätte und es ruft am Samstag-Nachmittag jemand an…

Die Gasse der 1001 Restaurants.
Dafür lassen wir’s uns im Hotel-Pool auf der Dachterrasse gut gehen. Hier muss während des Filmfestivals der Bär los sein. Den Flug für morgen nach Mollis planen wir auch noch, den Flugplan geben wir auf und die Zoll-Deklaration ebenfalls. 11.00 Uhr wollen wir in Mollis einschweben. Das heisst, morgen geht’s früh aus den Federn, damit wir vor der anrückenden Kaltfront zuhause sind.

Abends flanieren wir durch die Gasse der 1001 Restaurants. Das ist ein schmales Strässchen vom Hafen die Altstadt hinauf. Überall auf schiefen Untergrund sind grosse Bodenkeile montiert, darauf ist überall weiss gedeckt. Sieht sehr amächelig aus. Mit sicherem Kennerblick wählt Köbi eines der unzähligen Restaurants aus. Für Unterhaltung ist gesorgt, hier ist es, als würde man bei uns an der Landsgemeinde am Hauptausgang sitzen. Tausende von Besuchern strömen durch Cannes. Hier muss es allen an diesem riesigen Futtertopf Beteiligten gut gehen. Das erklärt etwas die ebenso faulen wie unfreundlichen Angestellten auf dem Flugplatz.

Nach einem prächtigen Nachtessen fallen wir im Hotel in die Kissen. Bevor das Schnarch-Konzert losgeht, hole ich die Fahne herunter und schlafe wie ein Murmeltier.

Morgens um Sieben liegt auf der Westseite der Bucht Seenebel bis ca. 2’000 Fuss. Sonst sind die Wetterbedingungen aber einwandfrei. Der normale Ausflugspunkt dürfte in den Wolken stecken, die Abreise also nicht ganz trickfrei werden.

Ausflug in Wolken.
So ist es dann auch. Als wir mit einer Viertelstunde Verspätung auf den Flugplan am Start stehen, lautet die Freigabe für den Ausflug, geradeaus zu steigen, auf 800 Fuss nach Westen zu drehen und den Ausflugspunkt auf maximal 2’000 Fuss anzufliegen. Das wird wohl etwas eng werden. Entweder mit der Sicht oder der maximalen Höhe. Mal schauen. Wir rasen über die Runway und steigen auf’s Meer hinaus. Ich warte mal, bis der Höhenmesser 1’000 Fuss hergibt, erst dann drehe ich unseren gut geladenen Flieger nach Westen. Das hat den Vorteil, dass wir leichter über den Seenebel hinweg steigen können. Wenn die Obergrenze noch in die Freigabe passt, kommen wir hier so weg, wie der Controller das wünscht. Der hat vermutlich heute noch nicht richtig aus dem Fenster geschaut – wir machen aber trotzdem, was er wünscht. Ich ziehe die Trinidad über und um die Wolkentops und melde mich scharf auf 2’000 Fuss über dem Ausflugspunkt. Dass ich den Abflugpunkt einen Augenblick lang nur im GPS sehe, unterschlage ich. Schliesslich ist rundherum ‚grand-beau’, ausser da, wo der Controller uns hinausschickt, staut die Feuchtigkeit.

Alpen-Rennstrecke.
Etwas frech frage ich auf der Information von Nizza einen Steigflug auf FL 100 an. Bis 75 bekomme ich nach einigem Zögern rasch, bis 95 eine Viertelstunde später. Dazwischen ist das Umfliegen einer restricted Aerea. Und einer zweiten, die ich bestens kenne. Die französischen Bodentruppen betreiben auf dem Plâteau du canjuers einen Schiess- und Übungsplatz. Neuchlen-Anschwilen auf südfranzösisch. Da habe ich sonntags noch nie einen Schuss gehört. Aber trotzdem dürfen wir da nicht durch. Also fliege ich auch da drum herum, immer die Nase schön hoch für den Steigflug über die höchen Französischen Alpen. Durch den Parc National du Mercantour fliegen wir zum Col d’Allos, über den Grand-Bérard nach Mont Dauphin und den Col d’etaches ins Maurienne. Da kenne ich vom Segelfliegen sozusagen jedes Grasport persönlich. In Norditalien staut sich eine Menge Feuchtigkeit bis knapp 4’000 Meter hinauf. Das wird heute noch höher kochen. Wir schleichen über Val d’Isère ins Aostatal und ziehen an den Grand Jorasses vorbei durch das Val Ferret ins Wallis. Der Rest ist Alpenfliegen pur. Alle schönen Walliser Viertausender sind auf der Menukarte. Über der Furka staut vom Gotthard her wieder mehr Feuchtigkeit ins Urserental. Wir können aber sauber unter die Wolken tauchen und über den sich rasch nähernden Klausenpass Mollis anfliegen. Den Flugplan kann ich noch mit dem letzten schwachen Funkkontakt in der Luft schliessen. Und schon hat uns Mollis wieder.

Höhere Sicherheit durch Zollvorschriften?
Zöllner haben wir auch nach dieser Landung trotz genauer Suche keinen gefunden. Es ist nicht ganz einfach, die vorgegebenen Zeiten als Privatflieger sauber einzuhalten. Das sorgt ab und zu für absolut unnötigen Stress – und Gefahren. Ob die Flug-Sicherheit durch die Zollvorgaben erhöht wird, muss man sich ernsthaft fragen. Beispiel: Dehydrierte Piloten, weil man keine Flüssigkeiten mitnehmen darf. Beispiel gefährlich gewählte Flugstrecke, weil es aus Zeitgründen zur Einhaltung der Zollvorschriften keine Umwege verträgt.

Am späteren Nachmittag rauscht dann die erwartete Kaltfront durch die Schweiz und richtet an verschiedenen Orten erhebliche Schäden an. Wir sind froh, dass die HB-KPN schön im trockenen Hangar in Sicherheit steht und freuen uns, mit ihr wieder einen ähnlichen Flug unternehmen zu können. Vielleicht dann wirklich mal nach Osten oder Norden. Am liebsten beides.

Motorflug ‚Tank-Trans-GmbH‘ nach Sion. Januar 2011.

Leichter Süd staut Furka zu.

Mit dem Inhaber unserer Transport-Partner-Firma für die Ostschweiz, Werner Baumann, seiner Lebenspartnerin Nathalie und seiner Tochter Desirée auf den Sitzen der HB-KPN der Fluggruppe Mollis fliegen wir am letzten Januar-Samstag bei leichtem Südwest nach Sion.

Link auf Picasa-Foto-Album.

Bereits über dem Urnerland muss ich die geplante Flugroute abändern. Der Südwind staut von Süden her das Urserental und die Furka zu. Aber der Sustenpass ist offen. Wir lassen uns bis kurz vor Meiringen etwas vom ‚Föhn‘ schütteln. Bei so tapferen Passagieren ist das ja kein Problem!

Eiger, Mönch und Jungfrau.

Mit einer Freigabe des Militärflugplatzes Meiringen im Gepäck fliegen wir über das Schilthorn und das Kandertal ins Wallis ein, um nach einem Dreiviertel-Stunden-Flug in Sion aufzusetzen. Dort treffen wir (was für ein Zufall…) Peter und Bruno Schmid, die in einer Dimona vom Birrfeld ebenfalls hierher einen Ausflug gemacht haben, damit der Peter seine Flugstunden für die Ausweis-Erneuerung rechtzeitig beisammen hat.

Die schnellen Gebrüder Schmid.

Die beiden sind nach dem Mittagessen in der Flugplatz-Beiz von Sion denn auf dem Rückflug mit ihrem Vorsprung der Frühstarter mit der voll besetzten Trinidad kaum mehr aufzuholen. Über Les Diablerets verlieren wir ihren Motorsegler jedenfalls aus den Augen und landen nach einem feinen, ruhigen Rückflug über die Walliser-, Berner-, Urner- und Schwyzer (Vor-) Alpen am Nachmittag wieder im winterkalten Mollis.

Das war ein besonders schöner Samstag – sowas können wir gern wiederholen 🙂

Allen ein Frohes Neues Jahr!

Silvester-Flug 2010 ‚rund um den Tödi‘.
Samstag, 1. Januar 2011

Motor-Flug mit unserer schnittigen neuen Trinidad bei typischen Winter-Hochdruck-Bisen-Hochnebel-Lage. Das einzige Ein- und Ausstiegsfenster lag für ein paar Stündli über dem Glarnerland.

Nebel bis in die Region Glarus. Darüber wunderbarstes, turbulenzenfreies Winterwetter, beste Sicht. Wir haben ein kurzes, fliegbares Fenster nutzen können, bevor der Hochnebel mit der untergehenden Sonne bis ins hinterste Glarnerland eine Decke reingezogen hat.

Co-Piloten: Thomas Zopfi und Bruno Hefti (‚Fluggruppe Thon‘).


Link auf die Foto-Galerie.

Flugstrecke:

Allen wünsche ich ein Frohes Neues Jahr.

Motorflug-Ferien im Erzgebirge und in Dresden.

Herbstferien / Oktober 2010.

Eine Woche lang durften wir uns bei Beat Bünzli in seinem schönen Hotel in Bad Schlema im Erzgebirge wie die KönigInnen verwöhnen lassen. Dass wir es alle genossen haben, sieht man schon den Fotos an.

Wenn es der Geldbeutel und das Wetter (in dieser Reihenfolge…) zulassen, leisten wir uns einmal im Jahr eine Motorflug-Ferienreise in Europa. Dorthin, wo das Wetter das am risikolosesten ermöglicht. Das war diesen Herbst der Osten Deutschlands, die neuen Bundesländer.

In Sachsen, nahe an der tschechischen Grenze, lebt ein bekannter Schweizer Segelflieger, Beat Bünzli. Seit zehn Jahren betreibt er in Bad Schlema ein Hotel direkt neben einem Radon-Kur-Bad (das hat er übrigens praktischerweise auch gleich selber gebaut). Beat wollten wir bei dieses Jahr bei dieser Gelegenheit endlich einmal besuchen.

Hochnebel.

Die Motorfliegerei während der kalten Jahreszeit nach Sichtflugregeln hat es in sich. Manchmal liest sich die Wetterkarte wie die Anleitung zu einer Geisterbahn. Tiefliegende Wolken. Schauer. Schlechte Sicht. Vereisung schon in geringen Höhen. Hochnebel. Letzteres ist noch das angenehmste aller Übel. Damit sind wir dann auch gestartet. In der Hoffnung, dass die Wetterprognosen für die nächsten Oktobertage zuträfen und sich das Hochdruckgebiet halten würde.

Der Hinflug bis Bayreuth ist das reine Vergnügen. Wir klettern nach dem Start durch die löchrige Hochnebeldecke in GlarusNord und sausen darüber hinweg bis ins Allgäu. Da herrscht das Hochdruckgebiet dann erst richtig und trocknet die Luft ab. Eine tolle Sicht bis an den Anschlag ist das Resultat. Kurz vor der Mittagspause des Controllers (er musste die Suppe wegen uns wohl zwei Minuten verschieben) landen wir in Bayreuth. Das ist eigentlich nur wegen der Verzollerei nötig. Und Bayreuth ist der nächstgelegene Zollflugplatz zu unserem definitiven Reiseziel in Chemnitz. Und Bayreuth hat alles, was der Motorflieger braucht. Von allen Arten von Betankung bis zum Instrumentenlandesystem.

Etwas erstaunt sind wir nach der Landung über die eiskalte Luft hier. Es ist gerade mal knapp über Null Grad und die Bise pfeift gehörig über die Hochebene. Also Kragen hoch und im Eilschritt in die Fliegerstube. Dort möbelt uns ein währschaftes Mittagessen wieder auf. Fröhlich und siegesgewiss starten wir später mit dem splintenneuen Motorflieger der MFG Mollis nach Chemnitz, wo wir in einer halben Stunde einzutreffen gedenken.

Die Decke schliesst sich…

Nach zehn Minuten wird es erst auf der linken, nach 15 Minuten auch auf der rechten Seite ungemütlich. Die Hochnebeldecke wächst immer mehr zu. Sieht man anfangs noch überall zu Boden, schliesst das weisse Tuch zuerst links, dann auch rechts über Tschechien im Lee des Erzgebirge komplett zu. Ich frage per Funk in Chemnitz, wie denn dort inzwischen das Wetter sei. ‚Visibility below 5 kilometers, no VFR-conditions…‘ ist die knappe Antwort. Hmm. Schöne Geschichte. Am einfachsten ist es, wir gehen dahin zurück, wo wir herkamen und wo das Wetter problemlos war. Also 180° wenden und wieder in Bayreuth landen. Wir sind zwar solange wie geplant geflogen, aber am Ende nicht exakt dort angekommen, wo wir hinwollten… Noch vor wenigen Stunden, beim Abflug in Mollis, war Chemnitz nebelfrei. Nächstes Mal rufe ich nochmals an.

Dann halt mit dem Mietwagen.

Na, eigentlich spielt es ja keine Rolle, ob wir ab Leipzig, Dresden, Chemnitz oder Bayreuth einen Wagen mieten und zu Beat fahren. Die sind ja überall gleich schön. Eine Stunde später sitzen wir in einem Chevrolet und düsen über die Autobahn ins Erzgebirge. Es ist definitiv gescheiter gewesen, auf der Strasse hierherzukommen. Die Suppe ist dermassen dick, dass an eine Sichtflug-Landung nicht im entferntesten zu denken gewesen wäre. Daran sollte sich in den nächsten Tagen nur gelegentlich etwas ändern und mir ab und zu beim Gedanken an den Rückflug die Betriebstemperatur leicht erhöhen.

Wellnessen bei Beat.

Vorläufig lassen wir uns aber erst einmal richtig verwöhnen und geniessen die Annehmlichkeiten unserer neuen Wohnung. Das heisst hier neudeutsch ‚Suuiiiith‘. Hat verschiedene Zimmer, einen Aufenthaltsraum und allen Komfort, den man offenbar heute so braucht. Und nebenan ist erst noch ein paar Schritte entfernt das Kurbad. Auch hier tauchen wir bei unserem Aufenthalt dann auch ausgiebig ein und auf.

Die Aussicht aus Beats Hotel, auf den Park und das Denkmal, das an der Stelle des früheren russischen Uranbergwerkes errichtet wurde. Hier ist das Uran für die erste russische Atombombe abgebaut worden. Mit den Bewohnern Bad Schlemas sind die ‚Besatzer‘ offenbar nicht besonders freundlich umgegangen.

Wie die Könige werden wir von Beat und seinem Team verwöhnt. Abgenommen haben wir dank der feinen Verpflegung bestimmt nicht… Und wir wissen nun sogar über die spannende und wechselvolle Geschichte Bad Schlemas Bescheid. Beat hat uns aus seinem grossen Fundus eine Menge Wissenswertes erzählt. Von den Extrazügen nach dem Ersten Weltkrieg direkt von Paris nach Bad Schlema bis zum Uranabbau der Sowjetunion unmittelbar vor den Haustüren der damaligen Bewohner für den Bau der ersten russischen Atombombe. Und von der Wieder-Auferstehung des Ortes mit dem Bau des Kurbades, das offenbar auch von den Bewohnern in der ganzen Gegend sehr geschätzt wird.

Die Frauenkirche von Dresden.

Die wunderbar restaurierte / neu aufgebaute Dresdner Frauenkirche. Da oben auf dem Spitz sind wir gewesen…

Bei eisigen Temperaturen knapp über Null Grad und einem bissigen Nordost besuchen wir dann einen Tag lang die Sehenswürdigkeiten Dresdens. Dazu reicht ein Tag natürlich bei weitem nicht aus – d.h., wir kommen hier sicher nochmals her, um die wieder aufgebaute Stadt und ihre zahlreichen Sehenswürdigkeiten etwas genauer ansehen zu können.

Besonders in Erinnerung bleiben wird uns bis dahin der Tiefblick von der Spitze der Frauenkirche auf das Elbtal und das Schloss Dresdens. Das Barock-Innenleben der Kirche ist allerdings ebenso beeindruckend.

Tiefdruck.

Etwas schwieriger und weniger entspannt gestaltet sich dann die Rückreise. Der Nebel hält sich hartnäckig. Überlagert obendrauf von einer Kaltfront, die aus Nordwesten alle für mich erreichbaren Höhenbänder in Wolken taucht. Es wird schwierig werden, aus Bayreuth wegzukommen, noch etwas schwieriger, die Höhenzüge des Allgäus bei Leutkirch sauber überqueren zu können und vermutlich wieder etwas einfacher, die Ostschweiz durch das Rheintal queren zu können und in Mollis zu landen. Soviel lässt sich aus den Wetterkarten schon aus weiter Ferne diagnostizieren.

Da unsere Sarah am Tag der Rückreise ihren 20. Geburtstag feiert und sie unbedingt zuhause bei ihren FreundInnen feiern will, beschliessen wir deshalb, dass die ganze Familie bis auf den fliegenden Chauffeur mit dem Mietwagen nach Hause fährt und dieser hier bessere Zeiten (Wetter) abwartet. So kann sie ihren unverschiebbaren Termin wahrnehmen und ich habe keinen Stress, auch fliegen zu müssen, wenn das wegen schlechter Sicht usw. gar nicht mehr geht.

Das rettende PC-Met.

Während meine Familie also über Bayerns Autobahnen gen Süden reist, mache ich es mir im Büro des Flugleiters bequem. Konsultiere immer wieder die Wetterkarten, halte die Nase aus der Bürotür, um frühzeitig eine mögliche Startgelegenheit zu erkennen. Die Wolken stehen wirklich sehr tief. Keine 300 Fuss über dem Boden zieht die feuchte Brühe Richtung Tschechien. Und es kommt immer mehr davon daher. Derweil startet eine Piper Malibu aus Schweden auf ihrer Reise nach Kroatioen und steckt schon Sekunden nach dem Abheben in den Wolken. Das sind jene Momente, in denen ich die IFR-Flieger bis in die Haarwurzeln beneide…

Petrus hat dann aber doch etwas Erbarmen mit mir und schickt ein paar Stunden lang etwas weniger feuchte Luftmassen aus Nordwesen an die Alpen. Das sagt wenigstens der Deutsche Wetterdienst mit seiner hervorragenden GAFOR-Wetterprognose. Die grafisch sauber aufbereiteten Wetterkarten zeigen ein kleines fliegbares Fenster kurz nach dem Mittag genau in jener Richtung, in die ich fliegen möchte.

Doch noch fliegen – und leichter Stress mit dem Zoll.

Um jede Gelegenheit zu nutzen, in Bayreuth doch noch heute wegzukommen und nicht tagelang auf mögliche fliegbare Wetterfenster in einem Hotel warten zu müssen, tanke ich die Trinidad zusätzlich auf. Damit verfüge ich über ausreichend Reserven, falls ich am Ende anderso als geplant landen müsste.

Wie vom Deutschen Wetterdienst vorhergesagt, hebt sich über Mittag die Wolkenbasis soweit an, dass ich nach Sichtflugregeln starten kann. Etwas Stress verursacht nur noch die Verzollerei. Ich kann in Mollis über Mittag niemanden erreichen, um die Zollbehörden allenfalls bei der Landung aufzubieten. Im Moment scheint mir dieser Plan sowieso noch etwas theoretisch, das Wetter ist absolut grenzwertig. Noch kurz vor dem Start erreiche ich am Handy aber in letzter Minute noch die zuständige Person. Einem direkten und zollkonformen Einflug in Mollis steht deshalb nichts mehr im Wege.

Wie in einer Glocke.

Der Flug selber verläuft dann einfacher, als ich befürchtet habe. Die Wolkenbasis ist zwar grenzwertig tief, die Temperatur nahe bei Vereisung, die Sicht schlecht – aber es reicht. Ich sehe immer mindestens fünf Kilometer weit. Meistens etwa 10 km. Aber nicht weiter. Und ich muss höllisch aufpassen, nicht in Wolken zu geraten und die Sicht zu verlieren. So ist der höchste erreichte Punkt auf diesem Flug gerade mal 2’800 Fuss. Nicht schön. Aber zweckmässig. In Leutkirch ist dieser Punkt. Dort habe ich ein paar Minuten lang den Eindruck, ich flöge durch statt über die Bauernhöfe in der Nähe des dortigen Flugplatzes.

Fliegen in der ‚Glocke‘. Etwa so präsentiert sich der höchste Punkt der Rückreise im Raum Leutkirch und später auf der Nordseite des Bodensees (hier Lindau).

GPS sei Dank.

Was bei diesem Flug wirklich geholfen hat, ist mein GPS-System auf dem PDA. Der senkt die Arbeitslast auf den Piloten spürbar. Man weiss immer exakt, wo man ist. Kann mögliche Konflikte mit kontrollierten Lufträumen frühzeitig verhindern, bzw. liefert gleich die Funkfrequenz der zuständigen Controller. Und sollte man sich trotzdem einmal verfranseln, ist der Weg zum nächstgelegenen Flugplatz auf Knopfdruck auffindbar.

Nach Leutkirch sinkt das Gelände spürbar ab, von da an ist der Flug überhaupt kein Problem mehr. Durch’s Rheintal und das Walenseegebiet wird die Sicht teilweise zwar schlechter, aber nie problematisch. Ich lande am frühen Nachmittag etwas später als in Mollis. Wegen der knappen Sichtweiten bin ich mit 55% Motorleistung geflogen. Damit ist man etwa zehn Knoten langsamer unterwegs, hat aber mehr Entscheidungszeit, wenn man einem Hügelzug ausweichen oder unter einer tief hängenden Wolke einen Weg auf Kurs finden muss.

Ich bin von meiner Familie in Mollis, die zum Zeitpunkt meiner Landung gerade Bregenz passiert. Und vom Zoll ist auch heute wieder keine Seele zu sehen. Ist mir aber auch recht. Es wäre ja auch nichts Verzollbares da gewesen.Jedenfalls kommen wir damit alle problemloser als erwartet und erst noch rechtzeitig nach Hause. Danach ist für mehrere Tage an Sichtflüge zwischen Bayreuth und der Ostschweiz nicht zu denken. Das Wetter ist dafür einfach zu schlecht. Das behelligt dann aber weder uns im Büro an der Arbeit noch die im Hangar im Trockenen stehende Trinidad.

Motorflieger-Ferien an der Atlantikküste Frankreichs.

Die Pointe du Hoc – einer der am härtesten umkämpften Orte während der allierten Invasion der Normandie. Genau hier sind am Tag der Landung am Horizont über 5’000 Schiffe unvermittelt aus dem Morgennebel aufgetaucht.

Foto-Galerie.

Alles online.

Juli 2008. Den Motorflieger habe ich vorsichtshalber ab Dienstag für die ganze Woche reserviert. Abzuliefern ist er am Samstag. Dazwischen sollte eine gemütliche Familien-Motorflugreise an die Atlantikküste liegen – mitten ins Hochdruckgebiet hinein.

Im Internet findet ich bei ‚chambres d’hôtes de charme‚ nicht nur ein gleichzeitig freies wie flottes Hotel, sondern gleich ein kleines Schloss in der Normandie – und das am Vortag des geplanten Abfluges.

Flugplan, Zoll-Anmeldung, Flight-Log usw. benötigen zwar etwas Zeit, dafür starten wir am Dienstag bestens vorbereitet zum 3 1/2-Stunden-Flug nach Caen an der Kanalküste. Vom Zoll kam wieder mal niemand vorbei. Mit von der Partie sind dafür Deborah und Brigitte. Unsere Kleinste macht es sich in ‚der zweiten Reihe‘ mit Kissen und Wolldecke gemütlich, Brigitte hilft beim Navigieren. Das war schon schwieriger als heute – besser könnte die Sicht am wolkenlosen Himmel (und das zwischen Mollis und dem Kanal) gar nicht sein.

Ereignisloser Flug.

Der Flug führt westlich der CTR Zürich vorbei nach Basel. Von da aus über endlos scheinende Flach-Land-Schaften… ja, jetzt wissen auch wir, warum Frankreich ein Landwirtschafts-Land ist… südlich am Pariser Luftraum-Puzzle vorbei. Die Kathedrale von Chartres ist heute ebenso leicht zu erkennen wie die Schloss-Anlagen von Versailles. Über der Hauptstand der ‚Grande Nation‘ ist der Luftraum dicht mit Schwermetall gefüllt. Aus 30 km Distanz können wir schön zusehen, wie die Airliner im Minutentakt in die Luft gespickt werden. Bis auf das Umfliegen eines kleinen militärisch genutzten Luftraumes funktioniert alles ereignislos. Nach etwas mehr als drei Stunden nehme ich nach dem Flug über die ‚Ile de France‘ die Anflugkarten von Caen zur Hand. Der Controller beharrt anfangs in vertraut französischer Sturheit darauf, dass ich trotz Aktualisierung vor 24 Stunden alte Anflugkarten auf meinem Knie hätte. Der Fall lässt sich dann am Boden berichtigen, nachdem ich am Funk ebenfalls etwas renitent darauf beharre, erstens das richtige, aktuelle Kartenmaterial zu verwenden und zweitens solche Diskussionen grundsätzlich nicht im Landeanflug zu führen gedenke. Alles eine Frage des Selbstvertrauens! Letztlich stellt sich heraus, dass die französischen Behörden die letzten Änderungen vor drei Monaten offenbar noch nicht überall hin weitergeleitet haben. So ein Stressaberauchdendiehaben. Jedenfalls nicht zu Jeppesen, die weltweit das Kartenmaterial vertreiben. Am Ende finden auch wir in der etwas unübersichtlich grossen Parkplatzwiese ein gutes Plätzchen für den HB-KFM. Wir sind die einzigen Kleinflieger auf dem riesigen Gelände.

Auch George W. Bush war hier.

Die Nähe unseres Zielflugplatzes zu den geschichtsträchtigen Landungsstränden der Alliierten bei der Invasion Europas macht sich schon im C-Büro von Caen bemerkbar. Airforce One mit Mr. President war auch schon hier. Vermutlich am kürzlich gewesenen Jubiläum der Invasion.

Schneewittchensarg.

Wir holen mit dem Taxi unseren reservierten Schneewitchensarg in der Stadt bei der Autovermietung ab. So hiess früher ein bestimmtes Volvo-Modell mit viel Glas am Heck, das in einem James-Bond-Streifen berühmt wurde. Die aktuelle Version des Fahrzeuges ist zwar ebenso elegant wie das Original, aber praktisch ohne Kofferraum. Jedenfalls haben wir Mühe, unsere wenigen Koffer ins Wägelchen zu packen. Es geht eigentlich nur, wenn man die Kofferraum-Abdeckung komplett demoliert, achnein, demontiert.

Tschagguhsi.

Wir fahren gemütlich an der Peripherie von Caen vorbei Richtung Kanalküste zu unserem Schlössli. Das übertrifft dann unsere Erwartungen erheblich. Ein freundliches Eigentümer-Ehepaar, ein auf Pferdesport spezialisierter Journalist mitsamt einem gepflegten Anwesen warten auf uns. Dazu gehört auch ein Jaccuzi. An dem hat besonders Deborah ihre Freude. Wir bringen sie kaum mehr aus dem Sprudelbad heraus, wenn sie mal drin ist. Was jeden Abend passiert. Am Ende verlängern wir unseren Aufenthalt um einen Tag. Und eigentlich würden wir gern wieder mal dorthin reisen – es ist einfach etwas weit, wenn man nicht fliegen kann.

In Reih und Glied.

Während der drei Tage in der Normandie schauen wir uns in aller Ruhe den östlichen Teil der alliierten Landungsstrände, die riesigen Soldatenfriedhöfe und Schlachten-Gedenkstätten an. Es ist unglaublich eindrücklich. Der Strom der Besucher aus aller Welt scheint denn auch nie zu versiegen. Überall treffen wir auf (meist englisch-sprechende) Reisegesellschaften, Schulklassen und viele Urgrossväter mitsamt zwei Folge-Generationen ihrer Familie im Schlepptau, die den Ort ihrer schlimmsten Kriegserlebnisse nochmals anschauen wollen. Zu den speziell eindrücklichen Orten gehört der US-Soldatenfriedhof. Soweit das Auge reicht, reihen sich weisse Kreuze, fein säuberlich aufgereiht, kein Rasenhalb ist zu hoch, alles ist bestens gepflegt. Tausende von US-Soldaten-Namen stehen auf diesen weissen Kreuzen. Sie alle haben für ein freies Europa den höchstmöglichen Preis bezahlt. In den Hotels und Restaurants der Gegend werden wir den Eindruck nicht los, dass dieser Teil Frankreichs noch heute den GI speziell dankbar ist.

Holpriges Rückseitenwetter.

Wir fliegen nach diesem geschichtlichen Vollbad zwei Tage später weiter. Diesmal geht’s von Caen aus der Kanalküste entlang bis nach Sainte-Mère-Eglise. Das ist jene Ortschaft, an deren Kirchturm ein GI als einziger seiner Kompanie die Landung überlebt hat. Zwar stocktaub, weil er stundenlang zwei Meter neben den ständig Alarm-läutenden Kirchenglocken an seinem Fallschirm gehangen hat – aber er hat die heftige deutsche Gegenwehr überlebt, weil er sich dort oben tot gestellt hatte.

Weiter führt der Flug zum Mont-Saint-Michel. Der Felsendom steht heute nicht mehr im Meer, sondern hauptsächlich im Marschland, aber trotzdem nur über eine schmale Zufahrtsstrasse erschlossen. Der Überflug ist verboten, daran halten wir uns selbstverständlich. Die starke Rückseiten-Thermik schüttelt uns heftig durch. Brigitte wird zusehends bleicher, hält aber feste durch.

Zum Glück ist es nicht mehr weit bis nach Quiberon, der wunderschönen Segler- und Fischer-Halbinsel im Atlantik. Die ist heute unser Ziel. Das ist ein netter (kurzer) Flugplatz unmittelbar am Meer. Man soll sogar direkt zu Fuss von dort aus ins nahe Hotel spazieren können, so dicht sei hier alles beisammen.

Wieder auf dem Lande.

Die Funkerei und der Anflug gestalten sich, verglichen mit dem Süden von Paris, vergleichsweise einfach. Auch Parkplatz ist ausreichend vorhanden. Das ist offenbar nicht immer so, an bestimmten Weekends soll hier alles bis auf den letzten Platz gefüllt sein. Paris ist ja nicht allzuweit. Und der eine oder andere reiche Franzose leistet sich bestimmt den Spass, in der eigenen Maschine hierher zu fliegen.

Hotel Europa.

Wir verbringen in einem modernen Hotel direkt am Meer ein paar herrliche Ferientage. Deborah findet das Hotel noch heute das beste von allen. Mir bleibt vor allem mein erster verspiesener Hummer in Erinnerung. Bewaffnet mit allerhand Spezialwerkzeug, arbeitet man sich da während längerer Zeit durch die essbaren Teile des Krustentieres hindurch. Satt wird man davon am Ende vor allem deswegen, weil der Magen genügend Zeit hat, sich voll zu fühlen. Wir verbringen die Zeit mit gemütlichen Ausflügen in die kleine Stadt, mit Spaziergängen am Ufer, an dem bei Ebbe allerhand interessantes Getier freigespült wird.

Rückflug durch die Front.

Am Samstag machen wir uns beizeiten auf den Weg nach Hause. Da ich nicht gleichzeitig mit der gestern hier durchgezogenen Regenfront über dem Jura ankommen will, starten wir schon um 09.00 Uhr LT Richtung Osten. Der Turm ist noch nicht besetzt. Also hinterlasse ich an der Glastür eine Notiz mit meiner Adresse – und den Hinweis, dass ich die Landetaxe mangels anderer Möglichkeiten aus der Ferne bezahlen werde. Geplant ist das Unterfliegen der Regenfront über dem Flachland, eine zolltechnische (also sinnlose) Zwischenlandung in Nevers und der umgehende Wiederstart für den Flug direkt nach Mollis.

Tief. Tiefer. 500 ft AGL.

Anfangs steige ich über die Wolken. Auf 7’500 Fuss gleiten wir elegant über die Tops der Rückseite der Regenfront. Irgendwann geht’s dann definitiv nicht mehr höher. Dem vollgetankten und -beladenen HB-KFM geht die Puste aus. Dann machen wir halt einfach das Gegenteil. Auf etwa 50 km wolkenloser Strecke sinke ich zügig bei maximalem Speed bis auf 1’000 Fuss hinunter und unterquere im strömenden Regen über bzw. entlang der Loire die Front. Bis auf eine konzentrierte Ladung Wasser auf der Frontscheibe geht alles ohne Probleme, die Sicht ist immer mehr als ausreichend. Man muss sich einfach an die tiefen Flughöhen gewöhnen können. Dafür hat man einen ausgezeichneten Blick auf die Atomanlagen hier…

Sicht auf den ganzen Alpenbogen.

Nevers erreichen wir pünktlich. Die Zollandung ist völlig sinnfrei. Kein Mensch will uns hier sehen, schon gar nicht der viellicht vorhandene Zöllner. Der hat heute Samstag sowieso Gescheiteres zu tun. Als zahlen wir die bescheidene Landetaxe und verschwinden subito wieder. Nun sind wir ja vor der Front und damit auch wieder mitten im Hockdruck-Gebiet. Entsprechend weit reicht die Sicht. Über dem Jura ist der ganze Schweizer Alpenbogen sichtbar. Eine Wucht!

Der Flug nach Mollis ist wieder absolut problemlos. Bei der Landung stellen wir fest, dass wir plötzlich am grössten europäischen Ultraleicht-Meeting teilnehmen. Mollis hat dieses Weekend etwa 400 Kleinstflugzeuge zu Besuch. Ein ziemlicher Betrieb also. Aber auch dieses Hindernis überqueren wir problemlos und versorgen das Fliegerchen unbeschadet im Hangar. Es sollte unser letzter grosser Auslandsflug mit dem HB-KFM sein. Wenige Monate später ruiniert ihn ein an grober Selbstüberschätzung leidender ‚Motor-Rad-Stuntman‘ und Hartz-IV-Empfänger mit seinem Töff, der ungebremst und unversichert, dafür voller Un-Vermögen ins Flugzeug knallt und einen späteren Flugzeug-Ersatz wegen Totalschadens nötig macht.

Die grösste Party aller Zeiten verpast.

Eine der weisesten Entscheidungen war dann ein Telefon-Anruf in unserem sturmfreien Zuhause. Unser Ältester hat die Gelegenheit benutzt, um am Freitagabend eine grosse Party anzusagen. Entsprechend zugerichtet muss unser Häuschen am Tag danach sein. Wir bekommen davon dank des Telefon-Anrufes und der damit zusätzlich gewonnen Zeit, um das Gröbste aufzuräumen, glücklicherweise nur Fragmente mit. Zum Beispiel finde ich noch Tage später irgendwo auf dem Grundstück Kleidungsstücke. Oder wir haben tagelang Mühe, das Wasser im Pool mit Einsatz aller vorhandenen Chemie wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Oder unsere Nachbarn (300 Meter entfernt) sprechen uns darauf an, dass letzte Nacht die Musik bis zu ihnen gehämmert habe…

Man muss nicht alles wissen. Unser Junior macht sich am Tag danach jedenfalls mit allerhand Blumensträussen zu den Nachbarinnen auf, um sich für den Trubel der letzten Nacht zu entschuldigen. Die TeilnehmerInnen der Party sprechen noch Monate später vom tollsten Anlass aller Zeiten. Muss ja gewaltig gewesen sein.

Wie auch immer – wir gehen trotzdem mal wieder auf eine Flugreise.
Auch das war ein toller und unvergesslicher Event.

Gletscherfliegen mit Kopfstand im Mönchsjoch.

Beim Aufräumen meiner Videothek habe ich einen aus 1993 stammenden SVHS-Film entdeckt, er zeigt die letzte grosse fliegerische Freiheit – das Gletscherfliegen. 

Flug ab Mollis mit dem Super-Cub HB-OLX in den ersten Januartagen des Jahres 1993 auf die Gebirgslandeplätze am Sustenhorn, auf das ‚Ewig Schneefeld‘ am Mönchsjoch und den ‚Gratis-Peter‘ (Petersgrat) zwischen Lötschental und dem Kanderfirn.


Hier geht’s direkt zum Gletscherflieger-Video.

Speziell ist mir an diesem unvergesslichen Flug frühmorgens eine Landung am obersten Ende des ‚Ewig Schneefeld‘ – einem der einsameren, auf der Südseite des Berner Oberländer Mönchs-Gipfels gelegenen Gletscher der Alpen – in Erinnerung geblieben. Beim Wenden nach der Landung zum Neustart den steilen Hang hinunter bin ich im metertiefen Pulverschnee etwas überraschend in einer dicken Schnee-Wächte steckengeblieben.

‚Si zwee Fründe imne Schportflugzüüg en Alpeflug go mache…
flüge ufe zu den Alpä …‘

Fast wie im Lied von Mani Matter hat der Propeller im luftigen Champaign-Powder einen Mords-Staub aufgewirbelt und beim Versuch, mit dosiertem Gasgeben das Flugzeug zu befreien, hat’s mir das Fliegerchen sanft und in Zeitlupe gleich ganz auf den Propeller gestülpt. Dann war nur noch absolute Stille zu hören. Dieses wurde in der kommenden halben Stunde nur vom Pfeifen meiner Lunge (wie eine löchrige Luftmatratze, wenn der Inhalt entweicht) gestört.

Die folgende Befreiungs-Schaufel-Aktion hat mich auf 3’500 Meter in der spürbar dünnen Luft nämlich gehörig ins Keuchen und Schwitzen gebracht. Die Lungenflügel habe ich glaubs am Abend noch gespürt. Den ersten Start habe ich in der Folge alleine und ohne den filmenden Passagier Fredi Frutig machen müssen, um sicher wegzukommen und weiter unten in flacherem Gelände erneut eine Landung zu versuchen, um meinen vereinsamten Passagier wieder an Bord nehmen zu können.

Schwimmen im bodenlosen Pulver.

Er muss sich ein paar Minuten lang etwa 30 km von der nächsten bewohnten Siedlung entfernt in der absoluten Stille eines Januarmorgens auf diesem wirklich abgelegenen Schneefeld etwas einsam vorgekommen sein. Zur Belohnung musste er dann auch noch ein paar Hundert Meter durch den Pulverschnee hinunter ’schwimmen‘. Die Kamera hat er dabei wie ein flüchtiger Vietkong beim Durchqueren eines Flusses immer ein gutes Stück über den Kopf gehalten, damit sie ja keinen Pulverschnee in die Optik erwischt 🙂

Herrliche Erinnerungen, festgehalten auf Super-VHS von meinem Fluggast Fredi Frutig aus Winterthur.