Kollateralschäden einer Österreich-Tournee.

Bloss nicht verkrampfen und immer schön cool bleiben –
auch wenn man mal kein Glück hat und noch Pech dazu kommt.

darum geht’s bei der Österreich-Tournee…
Folgen der Luftraum-Verletzung in Innsbruck im Herbst 2011.

März/April 2013. Den Season-Opener in Klagenfurt haben wir nach einer längeren Anreise quer durch die Vor- und Ostalpen pünktlich erreicht. Den Vortrag ohne grössere Durchhänger, ‚Staggeler‘ oder technische Pannen überstanden. Computer, Beamer und Co. haben ohne Zicken das gemacht, wofür sie gebaut worden sind. Dennoch haben meine Brigitte und ich abends nach dem Klagenfurter Anlass noch ein langes Gesicht gemacht.

Gerade haben wir’s uns leicht fröstelnd im ausgekühlten Auto bequem gemacht, den Motor gestartet, uns pflichtschuldig angeschnallt und losgefahren. Aber schon nach zwei Metern war die Fahrt zu Ende. Ein Reifen war platt. Das passiert mir in wenigen Monaten jetzt schon das zweite Mal, einmal konnte ich den Pneu, der eine dicke Schraube mitten in der Lauffläche aufgelesen hatte, mit einem ‚Stopfen‘, wie sie dem hier in Kärnten sagen, bei meiner benachbarten Garage ohne grösseres Federlesen flicken. Diesmal wird es aber etwas schwieriger. Nicht nur der Tageszeit wegen. Mein Opeli hat nämlich kein Reserverad. Nur noch ein Reparatur-Set. Das Zusatzradl wurde wegen Gewichts- und Benzinspar-Massnahmen wegrationalisiert. Bei gefühlten -15° C habe ich also im dünnen Strassen-Anzügli den platten linken Vorder-Reifen notdürftig gepumpt, damit wir mit einem Zwischenhalt bei einer Tankstelle und zweimaligem Auffüllen der dortigem Pump-Station und dann des Reifens auf der letzten Rille gerade noch unser Waldhotel erreichen konnten.

EzFK

Daselbst habe ich dann erst mal versucht, die Notruf-Zentrale des TCS in Genf zu erreichen. Die haben da so eine Einrichtung zur Fernhaltung von Kunden (‚EzFK‘ bezw. Call-Center). Weil die Telefon-Verbindung mitten im Waldhotel ziemlich wackelig war, liess mein iPhone die Nachwahlen zur Steuerung der Genfer Telefon-Einrichtung nicht immer durch. Aber nach ca. einer halben Stunde bin ich dann doch glücklich im Topf der Voll-Deppen gelandet, die kein Telefon bedienen können und von jemandem aus dem dafür geschaffenen, besonders sensiblen Care-Team (mit angegliedertem Seelsorger) betreut werden. TCS und ETI sind aber trotzdem eine überaus tolle Sache, absolut zu empfehlen. Denn wenn man die EzFK-Hürde einmal schafft, landet man sozusagen direkt im Care-Team-Himmel. Ob ich sofort eine Depannierung wünsche oder erst morgen früh, war z.B. eine der erstaunlichen Fragen, die einem ETI-Schutzbrief-Kunden (das scheint die Nothelfer-First-Class zu sein) gestellt werden. Wir haben uns dann angesichts der noch fortgeschritteneren Stunde und der inzwischen wieder angenehmen Umgebungs-Temperatur auf ein Treffen früh am kommenden Morgen geeinigt.

Ich flehe Sie an…

Anderntags kam es nicht mal mehr zum versprochenen Anruf. Die 60jährige, erfahrene ÖAMTC-Pannenhilfe stand schon mit einem grossen Abschleppfahrzeug vor dem Wald-Hotel. Die Stirn in tiefe Falten gelegt. Auto schon besichtigt. Reifen schon testweise gefüllt. Die Luft pfiff jedoch noch immer aus einem winzigen Loch zwischen Seitenwand und Lauffläche. Ein dummer Ort für ein Loch, wie ich noch feststellen sollte. Der ÖAMTC-Mitarbeiter muss schon allerhand erlebt haben. Auch die seltsamen Schweizer, die sogar beim Reserverad sparen, wollte er subito irgendwohin abschleppen. Mit letzter Überzeugungs-Kraft konnte ich ihn immerhin dazu bewegen, den Reifen mit einem Stopfen (tolles Wort) zu flicken, um das nächste Pneuhaus ohne ständiges Aufpumpen zu erreichen. Erst nach mehrmaligem ‚Ich flehe Sie an, fahren Sie nicht damit nach Hause…‘ (Ich hör’s noch heute) rückt der Ärmste die Adresse eines Fachbetriebes heraus, der auch an diesem Samstagmorgen geöffnet hat. Und er hat dann seinen Stopfen an einer Stelle montiert, mit dem man seinen Aussagen nach keine einzige Kurven fahren könne.

Im Reifenhotel waren wir leider nicht durchgängig erfolgreich. Winterreifen sind am ersten warmen Frühlings-Samstag nicht das, was auf der Bestseller-Liste zuoberst steht. Entsprechend wird dieser Artikel nicht mehr gelagert. Schwierig. In dreissig Minuten hätten wir im 130 km entfernten Granz sein sollen. Vortrag über Innsbruck und seinen verletzten Luftraum halten. Ankunft telefonisch verschieben. Ist auch nicht einfach, wenn die Kontaktperson das Handy eben gerade wegen des Vortrags auf ’stumm‘ stellen muss. Klappt aber ohne EzFK und unter Einbezug der Grazer AustroControl-Mannschaft auf dem Turm. Wir dürfen uns also etwas mehr Zeit herausnehmen. Die netten Grazer verschieben einfach die Vortrags-Reihenfolge etwas.

Seit Graz fahre ich nun bis zur Rückkehr in die Schweiz zu drei Vierteln mit Winter- und zu einem Viertel mit Sommerreifen. Natürlich alles gesetzeskonform… Ist dem Auto eigentlich egal, das Opeli fährt trotzdem schön geradeaus. Jetzt habe ich einfach ein fünftes Rad 🙂 Wer weiss heute schon, wofür das wieder gut ist. Am besten, ich trag’s immer mit mir herum, dann habe ich es gleich dabei, wenn ich’s mal wieder brauche.

Achja, da war noch was – Out of Africa.

Dazwischen ist mir im Hotel am Freitag nach dem telefonischen Erlebnis mit der Genfer ETI-Zentrale auch noch mit erheblichem Getöse das Bett zusammengefallen – ohne weiteres Dazutun meiner noch immer attraktiven Brigitte, das wären also völlig falsche Verdächtigungen. Um die Zeit und nach der Autopanne war wirklich nichts mehr los mit chäschperle. War eine Schweinkälte da draussen. Auch wenn die Gelegenheit beim gemeinsamen Auftauen noch günstig gewesen wäre. Aber die Bettstatt hat wahrscheinlich einfach von ihrem Dasein genug gehabt, halt so ein typischer Suizid-Lättliroscht (vermutlich wegen meines Vorgängers) – der hat den gebrochenen Bett-Lättli-Rahmen einfach fein säuberlich hingelegt und im Hotel nichts gemeldet, damit der nächste auch damit auf den Boden kracht.

Wie Mister Bean.

Normalerweise habe ich im Zusammenhang mit segelfliegerischen Aktivitäten immer zwei Stanley-Reparatur-Koffer mit dabei. Mit allem drin, was man für jede Art von Panne halt so braucht. Diese Koffer werde ich jetzt noch durch eine 1.20-Meter-Schraubzwinge ergänzen, um Fälle wie den Lättliroscht auch abdecken zu können. Auf die Österreich-Reise habe ich aber meine beiden Stanley’s für einmal nicht mitgenommen – wofür auch, wir planten ja nicht, die Zivilisation zu verlassen. ‚Repariert‘ habe ich die Bettstatt dann, wie man sowas im afrikanischen Busch amigs flickt – mit Rasierwasser, genauer mit einem stabilen Demin-After-Shave-Fläschchen. Genau: jenes für Männer, denen alles ein wenig leichter fällt. Richtig eingeklemmt und zusätzlich mit einem Schweizer Sackmesser vertäut, hat die Parfumflasche alles zusammengehalten und ich habe danach ausgezeichnet geschlafen.

Achja, da war sonst noch was.

Die elektrische Zahnbürste hat sich wieder mal im Koffer entladen, aber wenigstens dabei keinen Brand im Koffer ausgelöst. Und ich habe mir unabhängig davon am Sonntag noch eine Plombe ausgebissen. In Salzburg bei einem Altwiener Suppentopf, die Würschteln waren aber ok, keine Knochen drin – also sicher kein Haftungsfall. Und auf dem Heimweg hat uns auf einer Tiroler Autobahnbaustelle nach insgesamt 1’500 km Fahrt doch noch ein Radar erwischt. Zum Glück haben unsere östlichen Nachbarn das Schweizer Bussen-Reglement für diese Art Schwer-Verbrechen noch nicht übernommen. Sonst wären wir wohl noch im Gefängnis gelandet. Bei 20 km/h Overspeed ist man in der Schweiz ja schon ziemlich nahe dran.

Trotzdem eine tolle Reise.

Aber: weitaus obenauf schwingt natürlich das Positive. Bei so einer Seasen-Opener-Tournee lernt man selbst als Kontaktscheuer eine Menge netter Menschen kennen. Die gwirbigen Vertreter von AustroControl etwa, die sich mit diesen Anlässen für ein praktikables Zusammenleben aller Luftraumbenutzer über die Massen engagieren und ein gutes Beispiel liefern, wie man die gegenseitige Beisshemmung abbauen kann. Auch wenn das bei gefühlten 350 Abkürzungen für das Ausfüllen eines Flugplanes bestimmt nicht einfacher geworden ist. Oder den Präsidenten des österreichischen Segelflugverbandes, der sich nicht zu schade ist, die Schweizer Gäste auf unvergessliche Weise in seinem Graz herum- und zu leckeren Back-Hendln und Kartoffelsalat auszuführen und der dabei eine Menge interessante Themen anspricht. So finden wir dank ihm vielleicht rasch eine Lösung für unsere Schwierigkeit, bei geringen Startzahlen unter der Woche eine zuverlässige Startlisten-Kontrolle auf technischer Basis (Flarm-Radar) einzuführen.

Nach rund einer Woche ist dann alles wieder etwa an dem Platz, wo es hingehört. Mein Opeli hat schon am Dienstagmorgen wieder vier Winter-Räder drauf. Mein Gebiss besitzt schon am Donnerstag eine wunderschöne neue Plombe. Das Klagenfurter Bettgestell hat jetzt hoffentlich auch einen intakten Lättlirost. Und Tirols Säckelmeister freut sich bestimmt an den steigenden Neben-Einnahmen seines Strassen-Care-Teams. Also alles wieder im Butter.

Jetzt sollte man dann nur gelegentlich wieder mal das tun können, worum es hier eigentlich geht: segelfliegen.

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